Alpi Marittimi

Tag 64 – Samstag, 31.8.: Rifugio Malinvern – Terme di Valdiere

Ein kühler Morgen und ein Aufstieg im Schatten erleichtern uns den ersten Aufstieg.

Ganz häufig treffen wir auch noch über 2200 Hm auf Sträucher mit bekannten Motivationskugeln, die uns beim Aufstieg unterstützen.

Spiegelungen in Bergseen, hier am Lago Malinvern, faszinieren mich immer wieder …

… auch wenn diesmal hier die Lichtbedingungen nicht optimal sind.

Auf alten Verbindungspfaden zwischen den Tälern kommen wir zum Coletto di Valscura (2518 Hm).

Die andere Seite des Passes ist durchzogen von Militärwegen und ausstaffiert mit Kasernen aus dem 2. Weltkrieg, die heute nur noch Ruinen sind. Hier wurde ein Angriff Italiens auf Frankreich mit gewaltigem Aufwand vorbereitet. 

Etwas mühsam auf Grobschotter erreichen wir die Hochebene Valasco, wo ein recht kitschig wieder hergestelltes ehemaliges Jagdhaus irgendwelcher verblichener Egomanen nun der italienischen Freizeitgestaltung dient: Picnic, Spaziergang, Sonnenbaden, spielen und sich unterhalten – dolce vita.

Spätestens ab hier sind wir im Naturpark Alpi Marittime, auch einfach Seealpen genannt.

Der Weg nach Terme di Valdieri wird gangbarer. Dort übernachten wir im Albergo Turismo, in dem die Zeit in den 60ern stehengeblieben zu sein scheint.

Das wirklich köstliche Abendessen …

Als Primo: Pasta con Ragù

… nehmen wir im Sala da Pranzo, der für uns und für fünf andere Gäste hergerichtet ist, gediegen in alt-italienischem Ambiente, ein.

Tag 64 – 14,3 km – / 965 Hm – \ 1399 Hm


Tag 65 – Sonntag, 1.9.: Terme di Valieri

Wir legen einen Pausentag ein. Am Morgen geht es in das altehrwürdige Thermalbad.

Handtücher leiht uns das Albergo. Es herrscht Badekappenpflicht. Diese leiht uns das Thermalbad.

Kurz nach 9 Uhr ist es noch schattig im 34° warmen Bad. Die Atmosphäre ist schon toll. 

Das Bad existiert bereits über hundert Jahre und hat bestlmmt schon unterschiedliche Arten von Gästen gesehen: Wohlhabende, Soldaten, Touristen, Wandernde, …

Angeschlossen ist ein Hotel, das auch schon etwas Patina angesetzt hat und von außen noch top in Schuss wirkt.

Das Sulfat-Dampfbad hat wirklich schon gaaanz viel Patina angesetzt, …

… wird aber noch gut genutzt.

Da es ab Mittag regnen soll, verschieben wir die nächste Etappe auf morgen und suchen Unterschlupf im Posto Tappa Savoia, gleich neben dem Thermalbad. Und es regnet mindestens 2 Stunden richtig kräftig, so dass wir froh sind, uns nun wirklich einen ganzen Pausentag zu gönnen.


Tag 66 – Montag, 2.9.: Termi di Valdieri – Rifugio Morelli Buzzi

Wir wählen heute eine kurze Etappe, da für den Mittag Regen angekündigt ist. Es ist kühl-feucht.

Auf einer noch aktiven Mulattiera geht es gemächlich durch einen Buchen- und dann durch einen Lärchenwald hinauf. An einer Lichtung ist eine letzte Sicht auf Terme di Valdieri möglich.

Der erste dicke Steinpilz, den wir auf unserer Tour sehen. 

Immer wieder und wieder faszinieren mich die Trockenmauern, die schon viele Jahrzehnte und -hunderte halten und von wievielen Händen in wievielen Sommern errichtet und repariert worden sind. 

Unser Hüttenwirt scheint eine kreative Ader zu haben.

Am Wegesrand finden wir einige Werkstücke, die mich an die Kunst von Andy Goldsworthy erinnern.

Die Simmung ist heute etwas gespenstisch, je höher wir aufsteigen.

Nach etwa vier Stunden kommt das Rifugio Morelli Buzzi in Sicht, gerade rechtzeitig, denn es beginnt leicht zu regnen.

Um die Hütte herum …

… finden wir weitere Skulpturen von Paolo Giraudo, dem Hüttenwirt.

Eine Steinbockgemeinschaft, bestehend aus mehreren weiblichen Tieren mit ihren Steinbockkindern, tummelt sich ständig in Hüttennähe.

Auch die Hütte selbst ist schon etwas besonders. Zum einen wird das hier notwendige Material nur mit Mulis angeliefert.

Zum anderen ist sie interessant ausgestattet. In der Mitte der Gaststube steht ein funktionierender, fast historischer Holzofen. 

Ein Gruppe von Italienern bringt eine ganze Portion von Steinpilzen, die sie auf ihrem Weg im Wald zur Hütte gefunden haben.

Sie werden gleich heute Abend ins Risotto eingearbeitet.

Einige kleine Kreativarbeiten finden sich auch in der Hütte.

Es steht ein Musikinstrument auf dem Tisch, das mich an ein Bandoneon erinnert.

Auf Nachfrage bei Paolo werde ich aufgeklärt, dass es ein von ihm selbst konstruiertes diatonisches Akkordeon (=italienisch: Organetto) ist. Außerhalb der Hüttensaison entwickelt, produziert und verkauft er diese in einer Werkstatt in Valdieri. Dazu spielt er dieses diatonische Akkordeon auch noch selbst.

Scheint ein kreativer Tausendsassa zu sein, dieser Paolo. Er hat 2018 das Rifugio Morelli Buzzi vom CAI Cuneo übernommen und betreibt es auf seine ganz eigene Art.

Nach dem Steinpilzrisotto baue ich noch einen Bierdosenturm, ganz in Erinnerung an unsere Tour auf der Alta Via Alpi Marittimi in 2016.

Tag 66 – 7,8 km – / 1072 Hm – \ 111 Hm


Tag 67 – Dienstag, 3.9.: Rifugio Morelli Buzzi – Rifugio Soria-Ellena

In der Nacht hat es mächtig geregnet. Doch am Morgen ist der Himmel wieder klar – wenigstens bis heute Nachmittag. So machen wir uns früh auf, um vor dem Regen unser heutiges Ziel zu erreichen.

Das Rufugio Morelli Buzzi verschwindet als kleines Nichts in der riesigen Steinwelt.

Der Weg zum Pass di Chiapous (2530 Hm) ist mal wieder ein alter, gut erhaltener Militärweg, der durch sonst nur schwer gangbares Blockwerk führt.

Etwas gelangweit folgen wir den Serpentinen, die schon viele Mulis und Soldaten gelaufen sind.

Wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf die vermeintlichen Kleinigkeiten am Wegesrand. Die Steinmuster haben es uns diesmal angetan. Hier. eine kleine Auswahl …

Arte Natura I

Arte Natura II

Nach dem Abstieg vom Pass auf gefühlt nicht endenden Serpentinen passieren wir den Stausee Bacino del Chiotas, der schonmal einen höheren Füllstand hatte.

Gleich gegenüber sehen wir unseren nächsten und letzten Pass für heute, Colle delle Fenestrelle (2460 Hm), den wir am liebsten noch vor dem angekündigten Regen überquert haben wollen. 

Der Aufstieg erweist sich als kunstvoll in die Landschaft integrierte Mulattiera, wiederum mit natürlichem Steinzeichnungsbesatz.

Arte Natura III

Arte Natura IV

Arte Natura V

Oben dann dürfen wir nochmal Steinbock(jung)männer in ihrer natürlichen Umgebung beobachten. Sie würdigen uns keines Blickes und äsen weiter.

Wieder bringen uns endlose Serpentinen hinunter zum Rifugio Soria Ellena, das wir kurz vor Einsetzen des mäßigen Dauerregens erreichen.

Meine Erinnerung setzt langsam wieder ein. In 2017 auf meiner ersten GTA-Tour habe ich hier schon einmal Station gemacht.

Eine italienische Schulklasse hat sich das Rifugio als Fortbildungsort zum Thema Naturkunde und Migrationsgeschichte ausgewählt. Wir teilen uns  schichtweise den Gastraum mit ihnen. Alles tutto bene!

Tag 67 – 13,1 km – / 953 Hm – \ 1499 Hm

Ein Kommentar

  1. 10. September 2024
    Antworten

    Das wird eine schöne Schlussetappe! In dem Thermalbad habe ich mich 2019 auch regeneriert, bevor ich mich auf dem Weg zum Meer gemacht habe 🖖.

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