Alta Via Canavese

Tag 17: Samstag, 12. Juli 2025

Ich liege am Abend im Bivacco Giraudo, gemeinsam mit Lady C., einem jungen Belgier und zwei jungen Italienern – auf ca. 6 Quadratmetern. So sieht es innen aus, wenn es leer ist.

Jetzt mal von heute morgen angefangen: Gleich nach dem Rifugio Chivasso verlassen wir das Aosta-Gebiet und tauchen ein ins wohlbekannte Piemont, gleich mit einer super Aussicht auf den Lago Agnel, den Lago Serrù und im Hintergrund die Bergkette der französisch-italienischen Grenze.

Zunächst wechseln wir hier ein paarmal von Alt (Mulattiera) nach Neu (Passstraße zum Colle del Nivolet). 

Dann bietet uns einer der königlichen Eselswege, die zwischen 1860 und 1863 gebaut wurden, Orientierung.

Am Colle della Terra (2911 Hm) sehen wir das grünblaue Farbspiel des Lago Lillet.

Gleich dahinter der Colle della Porta (3005 Hm), über den wir heute auch noch drüber dürfen.

Dann sind wir endlich und offiziell auf der Alta Via Canavese.

Und gleichzeitig wolkt es kräftig ein. Kleine Schneefelder werden locker gequert.

Wir zweigen ab vom Eselsweg und es geht durch Blockfelder mit italienisch wilder Schönheit, d.h. außer Markierungen ist fast nichts an Wegebau gemacht worden. Lady C. wird auf solchem Gelände sehr langsam, so dass wir für diese Strecke länger als geplant brauchen.

Es nebelt ziemlich ein.

Kurz vor dem Ziel klart es nochmal auf und wir begegnen einem Steinbock und mindestens zwei Steingeißen.

Dann trübt es wieder ein und wir sehen das Bivacco Giraudo (2630 Hm) erst kurz bevor wir fast dagegen laufen.

Ein junger Mann aus Belgien ist schon dort. Er ist im Sommer für ca. 2 Monate kletternd und wandernd in den Bergen unterwegs. Er scheint auf gesunde Art bergsüchtig. Kenn‘ ich irgendwie.

Am Abend kommen noch vier junge italienische Männer hinzu. Zu siebt in einem SechserBiwak? Geht zwar, muss aber nicht. Sie bauen ein 2-Personenzelt auf, so dass wir zu fünft im Biwak nächtigen werden. 

Das ganze Prozedere für Kochen, Essen und Klappbetten präparieren ist ziemlich aufwändig, macht mit unseren lustigen und flexiblen Mitbewohnern aber richtig Spaß. Anekdoten und Meinungen werden respektvoll ausgetauscht. Und anschließend schlafen alle besser als sie es erwartet haben. Tutto bene.

Tag 17: Rifugio Chivasso – Bivacco Giraudo: 14,1 km – / 1005 Hm – \ 986 Hm


Tag 18: Sonntag, 13. Juli 2025:

Buongiorno, Lady C.

Immer noch ist es nebelig und kühl. Manchmal reißt es auf und die Schönheit der Berge zeigt sich kurz. Das Bivacco liegt wirklich klasse!

Beim Frühstück schnell noch etwas Fotokunsthandwerk aus dem Bivacco-Innenleben.

Eigentlich sollte es heute weitergehen auf der Alta Via Canavese, doch bleiben die Berge weiter meist in Wolken, so dass wir mal wieder umplanen und nach Ceresole Reale absteigen. 

Oft geht es wieder an verlassenen Alpgebäuden vorbei.

Es muss vor ca. 100-200 Jahren hier richtig was los gewesen sein. Ich glaube, dass es unserer Mitwelt gut tut, dass die Besiedlung und Nutzung wenigstens hier zurückgegangen ist.

Weiter unten, kurz vor Ceresole Reale, werde ich mal wieder zum Detailjäger.

Hummel an Blume

Käfer an Farn

Wir finden eine Unterkunft im Albergo Aquila Alpina …

… und entscheiden uns für einen Pausentag. Unsere Kleidung braucht eine Wäsche und unsere Vorräte müssen aufgefüllt werden. 

Das war der zweite Versuch, die Alta Via Canavese zu begehen. Im letzten Jahr haben wir es auf der Südseite des Val Orca versucht und sind wegen aufkommenden Regens abgestiegen.

Die Tour bleibt auf meiner Liste interessanter Wege. Hinzu kommt noch der Giro Parco Gran Paradiso, der auf 100 km durch die Südseite des gleichnamigen Nationalparks führt. Evtl. lassen sich beide Touren miteinander kombinieren. Ich möchte es gern in einem anderen Jahr nochmal versuchen.

Tag 18: Bivacco Giraudo – Ceresole Reale: 10,4 km – / 139 Hm – \ 1185 Hm


Tag 19: Montag, 14. Juli 2025:

Ein sonniger Pausentag. Wir frühstücken und spazieren am Lago Ceresole entlang. Der See ist auch ein kleiner Geheimtipp für Windsurfing, inkl. einer Surfschule und eines Verleihs.

Lago Ceresole

Wir merken aber auch, dass die Ansiedlung schon touristischere Zeiten gesehen haben muss. Nicht mehr aktive Gasthäuser sind häufiger als noch betriebene.

Lediglich ein kleiner Lebensmittelladen deckt unsere Bedürfnisse, indem wir diese an das Angebotene anpassen.

Eine Ausstellung über Walter Bonatti, einem der bekanntesten italienischen Bergsteiger, gastiert hier gerade.

Wir tauchen ein in seine Lebensphasen vom Extremalpinisten über Expeditionsfotograf auf allen Erdteilen bis zum nachdenklichen Alpinjournalisten im  hohen Alter bis 81 Jahre (gestorben 2011). Wir sind tief beeindruckt.

Morgen wollen wir aufsteigen zum Rifugio Paolo Daviso. Bei der Reservierungsanfrage stellt sich heraus, dass das Rifugio erst in einer Woche die Saison eröffnet. Aber der Winterraum sei zugänglich. Also sind nochmaliges Umplanen und ein zusätzlicher Einkauf vonnöten.

Tag 19: Pausentag in Ceresole Reale

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