Tag 47: Montag, 11. August 2025
Ein halbwegs guter Schlaf macht meiner Trägheit ein Ende. Die Morgenstimmung in den Bergen hat oft etwas Stilles und fast Magisches.
Das obligatorische Abschiedsfoto vom Rifugio Granero darf nicht fehlen. Grazie per tutti.
Eine französische Wandergroßgruppe ist schon vor uns unterwegs.
Heute wird es steil. Zunächst der Aufstieg zum Col Petit Sellière (2869 Hm) mit großartiger Aussicht auf unsere vergangenen Tage.
Dann passieren wir den Monte Granero, der auch für uns besteigbar wäre. Die Tagesetappe würde dadurch jedoch sehr lang, so dass wir uns entscheiden, ihn von unten zu bewundern.
Angekommen am Col schauen wir ins Queyras und sind wieder mal kurz in Frankreich.
Auch der Abstieg vom Col Petit Sellière ist recht schottrig und knackig.
Anstelle über den Col de la Traversette zu gehen, nutzen wir den seit 1480! existierenden Tunnel de la Traversette. Die Historie dazu wird nachgereicht. 2014 wurde er restauriert. Er ist ca. 70m lang und gehört zum UNESCO-Biosphärenreservat Monviso.

Wir sind wieder in Italien.
Der Aufstieg zum Rifugio Giacoletti (2743 Hm) erweist sich als steil und teilweise mit Ketten und Eisentritten gut gesichert. Wolken steigen auf. Es wird schattig und klamm. Wir sind beschäftigt und machen keine Fotos.
Am Nachmittag erreichen wir das gut gefüllte Rifugio, das unter einer senkrechten Felswand der Punta Udine (3022 Hm) steht.
Das Wasser ist knapp hier und war in der letzten Woche, bis aufs Kochwasser, gar nicht mehr vorhanden. So haben wir uns vorsichtshalber mit 6 LiterTrinkwasser am letzten Bach beim Aufstieg eingedeckt.
Steinböcke umlagern die Hütte. Wir haben schon soooo viele gesehen, dass ich schon keine mehr fotografiere.
Wir kommen in einem großen Schlafsaal unter, in dem alle Gäste (>40) in drei Etagen Platz haben.
Tag 47: Rifugio Granero – Rifugio Giacoletti: 6,8 km – / 1087 Hm – \ 717 Hm
Tag 48: Dienstag, 12. August 2025
Am Morgen geben wir unsere 3 Liter Wasser, die wir zuviel hochgetragen haben, dem Hüttenwart. Er freut sich darüber und spendiert uns einen Café aus seiner Cafetiera, was uns wiederum freut.
Ein paar Worte der Hüttenwartin, die ich auf der Website des Rifugio. Giacoletti gefunden habe …
„… Jedes Jahr im Juni findet der lang ersehnte Sommerauftrieb statt: Das Abenteuer beginnt von neuem, und das Leben verändert sich erneut.
Wir lassen den Alltag der städtischen Konventionen und Annehmlichkeiten hinter uns und steigen hinauf in die offenen, reinen Weiten der Berge. Das Leben wird essentiell und ursprünglich. Alles wird einfacher, und dem Rhythmus der Natur zu folgen, wird unvermeidlich. Fernab vom Komfort der Stadt lernt man schnell, selbst die kleinsten Details zu schätzen.
In dieser abgeschiedenen Ecke, umgeben vom imposanten und heiligen Zauber der Berge, werden die Verbindung mit dem Fels und die vertikale Dimension besonders betont; man fühlt sich klein und doch Teil dieser Erhabenheit und entdeckt die tiefe Harmonie wieder, die uns mit der Natur verbindet. …“ (übersetzt von Google-Übersetzer).
Der Monviso leuchtet in der Morgensonne.
Das Rifugio Giacoletti liegt einfach toll in dieser Hochgebirgs-Steinwüste.
Lady C. wartet schon darauf, dass es endlich losgeht.
Kaum ein paar Meter gelaufen, bemerken wir, dass wir heute über den Wolken genächtigt haben.
Die Zwiebackportion des Hüttenfrühstücks hält nicht lange vor. Am Lago Chiaretto, unterhalb des Monviso, legen wir ein zweites Frühstück ein.
Durch die Geröllwüste einer Moräne geht es hinauf zum Col del Viso (2647 Hm), kurz danach liegt das Rifugio Quintino Sella (2639 Hm).
So ähnlich wie andere gut erreichbare Hütten in zentraler Lage (Drei-Zinnen-Hütte, Refuge Col de Vanoise, …) ist es auch hier rammelvoll mit Tages- und Übernachtungsgästen.
Nach einem LemonSoda und großem Wassertanken machen wir uns schnell weiter.
Es geht moderat durch eine kilometerlange Steinwüste, die still macht. Die Anzahl der Wandernden nimmt rapide ab.
Unser Ziel, das Bivacco Bertoglio (2750 Hm), erreichen wir am Nachmittag.
Eine in Deutschland lebende Österreicherin ist bereits da. Wir machen Tee und Kaffee. Wenig später trudelt ein italienisches Paar ein. Am Abend kommen drei weitere Italiener hinzu.
Bei neun Schlafplätzen und acht Menschen ist das Bivacco gut ausgelastet.
Ein Steinbock schaut nochmal vorbei, ob es noch etwas Salzig-Mineralisches (abgeschüttetes Nudelwaser, Urin) als Nahrungsergänzung gibt.
Die Abendstimmung an und in solch einem Bivacco ist. Immer etwas besonderes.
Sich bisher nicht bekannte Menschen treffen sich an einem Ort der Freiheit für eine temporäre Gemeinschaft in großem Vertrauen. Eine Wohltat.
In der Nacht kommt böiger Wind auf, der ums Bivacco pfeift. Ich bin froh, dass ich diese Zeilen nicht im flatternden Zelt, sondern in diesem behaglichen Bivacco schreibe.
Die Etappen entlang des Monviso waren landschaftlich wirklich wunderschön, inkl. der Begegnungen mit vielen freundlichen und interessanten Menschen. Hier in den Cottischen Alpen ist der Rundweg bei Franzosen sehr beliebt und durch sie hoch frequentiert. Einige Italiener findet man auch unter den Wandernden. Wir waren fast die einzigen Deutschsprachigen hier. Die Wege und Rifugi sind gut gefüllt. Daher ist von ‚Bergeinsamkeit‘ hier keine Spur. Die müssen wir woanders finden.
Tag 48: Rifugio Giacoletti – Bivacco Bertoglio: 12,1 km – / 850 Hm – \ 836 Hm
Von meiner ersten Planung her sollte das Bivacco Bertoglio der Wendepunkt unserer Tour sein, um dann etappenweise auf anderen Wegen wieder in Richtung Norden nach Cesane Torino zu gehen.
Doch weil sich die Tour Mont Thabor und auch die Tour les Écrins wegen Überfüllung nicht realisieren ließen, haben wir jetzt mehr Bergwandertage zu Verfügung als für den Rückweg benötigt werden.
Was tun? Zunächst wollen wir auf der italienischen Seite weiter nach Süden laufen. Dabei orientieren wir uns an dem Sentiero Italia, der hier häufig identisch ist mit der GTA, die ich zwar schon aus 2017 kenne (mich aber an nur wenige Wegabschnitte erinnere🤭). Für Lady C. sind die Wege jedoch neu.
Mal sehen, ob und wann wir diesen Plan wieder umplanen ….



























Eine sehr schöne Ecke in der ihr unterwegs seid. Und trotz Ferragosto findet ihr auch noch Platz. Ich freue mich schon auf die nächsten Episoden.
Grüße aus dem Dahner Felsenland
Jep. Ferragosto findet mehr im Tal als in den Bergen, mehr in Hotels, Ferienwohnungen und auf Campingplätzen statt – und nur wenig auf Hütten.
Wow, soo tolle Berichte und Fotos! Das macht richtig Spaß zu lesen!
Lieben Gruß aus Kassel
Victoria
Danke für die „Blumen“, liebe Victoria. Die Beiträge geben wirklich die Erlebnisse und Stimmungen wider, die wir hier haben.