Auf Abwegen in der Fränkischen Schweiz

Solange die Berge noch in Schneewatte eingepackt sind, besuche ich andere Wanderziele in dieser doch recht langen Durststrecke bis die Berge wieder für Touren geöffnet sind.

Meine schon seit Monaten andauernden Schulterschmerzen schränken meine Lieblingsart draußen zu sein noch zusätzlich ein: Ich kann derzeit keinen Rucksack mit voller DraußenSeinAusrüstung tragen, so dass nur Wanderungen ausgehend von einer stationären (etwas komfortablen) Unterkunft in Frage kommen. Bis zur Bergsaison möchte ich diese Einschränkung mit Physiotherapie, Dehnungs- und Muskelaufbauübungen behoben haben, – hoffentlich klappt’s.

So empfahl sich die fränkische Schweiz als für den April gut geeignete Region:

  • Das noch nicht vorhandene frische Laub an den Bäume ermöglicht Ansichten und Einsichten in Felsenlandschaften, die im Sommer so nicht mehr zu sehen sind.
  • Der flächendeckend boomende Wandertourismus beginnt hier erst so langsam ab Ostern.
  • Die Temperaturen und der Niederschlag sollten Zeit und Muße für Felsbestaunungen ermöglichen.
  • Das fränkische Tripel (deftig, gut und preiswert) im Bereich Essen und Trinken machen die Wanderwoche ebenso deftig, gut und preiswert.

Bei Recherchen kam das Buch „Vergessene Pfade Fränkische Schweiz“ gerade recht. 
Echt gut beschriebene Tagestouren mit allerlei Überraschungen …

Als Unterkunft hatten wir eine sehr gastfreundliche Pension in Leienfels gewählt, dass zwar zentral in der fränkischen Schweiz liegt, ansonsten jedoch „jwd“ ist und lediglich aus ein paar Häusern, einer Burgruine und einem Gasthof besteht. Ansonsten nur Landschaft.

Um die Startpunkte der Tagestouren von unserer Unterkunft aus zu erreichen mussten wir uns leider (wg. CO2-Belastung) eines Carsharing-BenzinVerbrennungsFahrzeuges (von Stattauto Kassel) bedienen. Die ÖPNV-Verbindungen innerhalb der fränkischen Schweiz sind zwar im Buch gut beschrieben, doch ist deren Frequenz noch nicht so, dass eine Tagestour inkl. Hin- und Rückfahrt nach Leienfels in einem Tag machbar ist. 

Von Kassel nach Leienfels brauchten wir mit dem Auto ca. 3 Stunden. Nachdem wir uns in im Quartier eingerichtet hatten, gingen wir gleich auf die Traumpfade im Klumpertal. Obwohl wir nur den Nachmittag hatten, waren wir von Felsen, Durch- und Quergängen, Tal- und Jägerpfad völlig begeistert. Vorfreude auf die kommenden Wanderungen wurde geweckt. Startpunkt war die Schüttersmühle bei Pottenstein.

Weihersbacher Männchen an der Schüttersmühle

Einer von mehreren Felsdurchgängen an der Winterleite

Abendstimmung auf dem Jägersteig im Klumpertal

Felsformation mit touristengerechter Sonnenbeleuchtung am Ende des Jägersteigs

Den Abend ließen wir in einem fränkischen Gasthaus bei Schäuferla und Kellerbier ausklingen.

Der nächste Tag begann mit einem echt reichhaltigen Frühstück, dass es uns ermöglichte, auch den Tagesproviant davon zu bestreiten. Selbst die dafür nötigen Butterbrottüten wurden gastfreundlich bereitgestellt. Voller Elan ging es durch die wilde Kuppenalb direkt von unserer Haustür los, – ohne Autofahrt!

Häufig sind keine Pfade vorhanden und es geht querfeldein …

Schafsloch, – wäre ein prima Übernachtungsplatz

Schafsloch – Blick von drinnen nach draußen

Schafsloch – Am anderen Ende ging es wieder raus …

Noch ein schöner Felsdurchgang auf dem Heimweg

Steinkirche bei Leienfels

Als tägliches Ritual bürgerten wir fränkisches Essen, Bier und hiesigen Wein zur Stärkung und Wiederbelebung unserer positiv erschöpften Glieder und Sinne ein. Dehnungsübungen für meine Schulter und langer tiefer Schlaf in echter Stille taten ihr Übriges dazu, so dass wir ins Wunderland der Felsentunnel  laufen konnten. Ausgangspunkt war Obertrubach.

Krokodil

Felstunnel am Höllenstein

Tunnel, durch den man durch zwei weitere sehen kann, in Realität noch viiiieeeel beeindruckender.

Auch die rückwärtige Perspektive hat was …

der Jura-Elefant

und noch ein bizarrer Durchgang …

… manchmal, aber nicht sehr oft, gibt es zusätzliche Bauwerke von Menschen …

Geißkirche

Geißkirche, eine im Fränkischen häufig vorkommende Bezeichnung für einen Viehunterschlupf in Zeiten, als mit Ziegen auch der Wald beweidet wurde.

sich küssende Felsen auf dem Rückweg

Allersdorf, eine kleines Örtchen auf einer Hochebene gelegen (mit einem einfach ausgestatteten offiziellem Zeltplatz), war der Ausgangspunkt für die Kunstwerke der Erosion. Es ging heute fast nur querfeldein durch tiefes Laub. Manchmal hatten wir mit der Beschreibung und unserer Interpretation zu kämpfen: … am Hang hinauf zu einer Anhöhe, dann eine Rinne querend auf einen Grat und dann hinab durch ein enges Tälchen und wieder hinauf in einen kleinen Sattel … Es bedarf Phantasie und richtiger Übersetzung der Begriffe in vorhandene Landschaftsstrukturen. Trotz einiger Irrungen und Fehlversuche fanden wir die beschriebenen Naturschätze abseits von öffentlichen Wegen, – und sogar zurück nach Allersdorf.

Der Touristenverband Fränkische Schweiz scheut keinen Aufwand, 
Felsformationen interessant zu arrangieren …;-)

Farne wachsen kopfüber in einer Halbhöhle,
– anscheinend gibt der Kalkfels genug Flüssigkeit und Nährstoffe her.

Halbhöhle mit Herzfenster

Felsbögen und -fenster am Wasserstein

Ausblick aus einem Fenster des Wassersteins

Wasserstein-Felsentor von unten …

… und von oben

Eine Waldeidechse nutzt zum Aufwärmen die ersten Sonnenstrahlen.

Völlig versteckt im Wald finden wir nahe Prügeldorf zwei Grotten.

Die Überreste eines getöteten und nur teilweise verzehrten Mäusebussards.
Seitdem schmückt sich mein Heim mit fremden Federn.

Felstürme am Lindenstein

(noch eine) Geißkirche bei Türkelstein

rückwärtige Ansicht auf die Geißkirche

Es war wirklich beeindruckend, wie sich eine bizarre Felsformation nach der anderen auf dem „Weg“ auftat. Auf normal markierten Wanderwegen sind sie nicht zu sehen.

Arche Park bei Türkelstein war die Tour, die am nächsten Tag auf dem Programm stand. Es wurde schattiger und die Temperaturen sanken in Richtung Gefrierpunkt. Rast machen war nicht sinnvoll. Auf unmarkierten Wegen besuchen wir Felstore und  -durchgänge.

MoosSteinLandschaft auf dem „Weg“ zum Gesteinig

liegendes Dromedar

Felsenkessel Gesteinig

Ovales Felsentor am Gesteinig

SteinGummiPärchen

Übernachtungsstelle von Kletternden

Baumflechte

Löwentor

Das Doppeltor bei Etzdorf liegt sehr versteckt und ist bei Belaubung kaum auffindbar.

Von Naturwundern optisch und seelisch gesättigt kehrten wir zum Abschluss in ein Cafe/Restaurant in Türkelstein ein. Auf der Speisekarte stand Biofleisch vom Angus-Rind. Wir konnten und wollten nicht widerstehen und sättigten uns hier auch körperlich.

Eine Tour mit Aussichtspunkten und kräftigen An- und Abstiegen erwartete uns Hoch über der unteren Trubach. Start war in Schweinthal im Trubachtal. Mit Sonne und Kälte gleichzeitig machten wir uns auf den Weg. 

Veilchen und …

 … Butterblumen begleiteten uns auf dem meist markierten Weg.

Der Standplatz für die Aussicht vom Schiessenstein,
frei von Sicherheitsgeländern, ist nicht jedermenschs Sache. 

Der Spitzenstein bei Wichsenstein

Nun fehlten uns noch die Höhlenwunder über der Puttlach, die von Elbersberg aus erreichbar waren. Zum ersten mal kamen unsere Stirnlampen zum Einsatz. Zunächst ging es auf mit Baumsturz besetzten Forstwegen hinab ins untere Püttlachtal. Steil oben am Hang erwartete uns die Hätzerkirche.

 Hätzerkirche aus der Ferne

Durch diesen unscheinbaren Durchgang in der Halbhöhle der Hätzerkirche ging es weiter …

… zum Eingang einer Höhle:
Stirnlampe an und rein!

Ohne zu kriechen konnte man etwa zehn Meter ins Felsinnere vordringen.

Gleich oben drüber gab es einen Kletterfestsaal.
Die Sicherungen hab ich mal gelb umkringelt. Echt irre.

Nach einem weiteren Durchgang …

erreichten wir mit etwas Orientierungs- und Interpretationsvermögen den Aussichtspunkt über der Hätzerkirche.

Direkt am offiziellen Wanderweg gelegen war das Große Hasenloch …

… mit urgeschichtlicher Tradition.

Von seiner Größe geeignet für Großfamilien und WGs …

Von einem weiteren Aussichtspunkt ergab sich ein Tiefblick auf Pottenstein, der mich sehr an die Märklin-Eisenbahn und Fallerhäuschen in meiner Kindheit erinnerten.

Die letzte Wanderung führte uns durch Stille Täler zu einsamen Höhlen. Los ging es in Wüstenstein im Aufseßtal. Die Temperaturen lagen kurz über dem Gefrierpunkt und wir mussten uns regelrecht warmlaufen. In den Höhlen war es windstill und heute sogar etwas wärmer als draußen. 

Doch zunächst liefen wir einer jungen Distelschönheit über den Weg.

Mal wieder ein Durchgang …

Eines der Fenster der Fuchslöcher

Fuchslöcher-Eingang (oder Ausgang?)

In den Fuchslöchern 

 Versinterungen in einer der Höhlen, Name ist nicht mehr parat.

 wie ein Bild vorher

Ausblick vom Inneren des Pulverlochs

Insgesamt war die Woche ein Aufbruch in die Wandersaison (fast) ganz nach meinem Geschmack. Wenn noch meine Schulter mitgespielt hätte und wir draußen unter den vielen Felsüberhängen bzw. in den Höhlen übernachtet hätten, wäre das die Krönung gewesen.

Aber auch so waren die Touren eindrucksvoll und voller wunderbarer Naturschönheiten. Ich habe mal intensiver als sonst „besichtigt“ und bestaunt an Stellen, an denen ich ansonsten schneller vorbei gelaufen wäre und vieles nicht so wahrgenommen hätte. Haben ja manchmal (aber wirklich nur manchmal) doch einen Sinn, solche körperlichen Einschränkungen …

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