HRP-West: Hendaye -> La Rhune

Tag 1, Mittwoch: Mit Schweiß, Schirm und Dankbarkeit

Nach unruhigem Schlaf vertilge ich heute ganz entspannt meinen Restproviant am Strand von Hendaye …

… und stelle meine Füße zum ersten Mal in meinem Leben in den Atlantik.

Schon am frühen Morgen höre ich bei 100 Surfer*innen auf zu zählen. Sie suchen die gute Welle, die sie reiten konnten.

Ich finde aus der Stadt heraus ohne mich zu verlaufen. Heute geht es zunächst fast nur auf dem gut gekennzeichneten französischen GR10 ins baskische Hügelland.

Auffällig für mich sind zunächst die vielen Xse auf den für mich schwer lesbaren Hinweisschildern. Das X kommt im Baskischen ganz häufig vor und wird meist wie ‚tsch‘ ausgesprochen. Nach dieser Erläuterung durch einen Basken, fällt mir wenigstens das Aussprechen schon leichter.

Die Landschaft wird direkt hügelig und bleibt grün, – auch bei diesem heißen Sommer. Das Baskenland ist eins der regenreichsten Gebiete in Europa und so wuchert alles schwül vor sich hin.

noch ein Blick in Richtung Atlantik …

Beim Gehen läuft mir der Schweiß in Strömen, so dass ich in kürzester Zeit in die leichtesten Sachen schlüpfe, die ich dabei habe. Dennoch: Alles ist nass!

Auf den ersten Anhöhen kommen mir die ersten frei umherlaufenden „Nutztiere“ entgegen: Schafe, Ziegen, Hühner, Kühe und kleine Pferde einer besonderen baskischen Pony-Rasse, dem Pottok-Pony. Keine Zäune. Wie heißt das? Extensive Viehwirtschaft? Auf jeden Fall fühlt es sich friedlich und normal an, weit weniger stressig als eingesperrt hinter Zäunen oder in Ställen. 

An der französisch/spanischen Grenzen mit Straßenkontakt gibt es Shopping-Meilen, wo Dinge angeboten werden, die in Spanien günstiger sind als in Frankreich: Zigaretten, Alkohol, Kleidung, Restaurants. Franz*osen*ösinnen werden angelockt wie die Motten durch helles Licht.

Ab 16 Uhr beginnt es zu regnen, erst leicht und warm und dann, je höher ich komme, fester und kühler mit einem heftigen Wind als Beigabe. Dass ich meinen Schirm dabei habe, ist zunächst echt super. So kann ich ohne zusätzliche Regensachen mit einem Dach über dem Kopf weiter laufen. La Rhune (baskisch: Larrun), ein Aussichtsberg in etwas wie der Brocken im Harz, war mein Ziel. In der Hoffnung, dort eine Bar, eine Herberge zu finden, arbeite ich mich gegen Wind und Regen hoch. Oben dann die erste große Enttäuschung: Die Bars/Restaurants haben bereits geschlossen (19 Uhr). 

Bei der letzten Bar brennt noch ein Licht in eine der oberen Etagen und eine Tür zum Lagerraum steht auf. Ich schlüpfe hinein und mache mich laut bemerkbar. Ein Mann schleicht die Treppe runter. In akrobatischem spanisch/gestisch vermittelt er mir, dass es keine Übernachtungsmöglichkeit gibt. Dann kommen wir ins Gespräch und er erzählt mir (ich halte mich im Trockenen auf), dass er jedes Jahr zur Saison sieben Monate aus Equador kommt und hier arbeitet. Anschließend fliegt er wieder zurück in die Heimat. Globalisierung live! 

Dann kommen ihm dankenswerterweise noch ein paar gute Ideen: Ich könne ja drüben im Bahnhof der Zahnradbahn übernachten. Dort hätte ich es trocken. Ob ich noch etwas Rotwein wolle? Und einen Kaffee? Ich sage gern ja. Er kommt mit eine 3/4 gefüllten Flasche inkl. Glas, einem großen Becher Kaffee, Keksen, einer Apfelsine und einem Apfel wieder. Alles schenkt er mir, auf dass ich mir einen guten Abend im Bahnhofswartesaal mache. Und das tue ich. Heilfroh bin ich, dass ich bei diesem sch… Wetter mein Zelt eingepackt lassen kann.

mein Bahnhofswartehallenbiwak

Gau ona (Gute Nacht auf  baskisch)

Tag 1: ~9 Std. ~21 km /~1.490m \ ~630m 

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