Jetzt sitze ich wieder in trockener warmer Stube der ‚Refuge Jeandel‘ in la Pierre-St-Martin. In der Hütte ist es sehr gemütlich. Doch die Umgebung ist ein französischer Skizirkus aus der Retorte. Wirklich schlimm, was Menschen aus „ökonomischen Gründen“ alles anrichten. Ein künstlicher Ort in wunderbarer Umgebung, der nur zur Skisaison „lebendig“ wird, – was man so lebendig nennt.
Und es gibt noch schrecklichere Aussichten. Doch will ich es mir mit dem Fotoapparat nicht verderben. Bis das Essen um 19 Uhr für 20 Personen aufgetragen wird ein kleiner Rückblick auf …
Tag 8, Mittwoch:
Gestern, Donnerstag (ich komme ich schnell mit den Tagen durcheinander, – es ist einfach nicht mehr so wichtig), sah ich beim Start eine Gruppe ‚Birdwatcher‘. Sie beobachten, welche Vögel in welcher Anzahl welche Flugrouten benutzen. Besser als die Zugvögel zu fangen oder abzuschießen.
Zufällig habe ich einen Steinkreis entdeckt. Wenn ich nicht eine kurze PinkelPause eingelegt hätte, wäre ich dran vorbei gelaufen.
Dann kamen die ersten Wolken hochgewabert, reduzierten die Sicht und erschwerten mir so die Orientierung. Ich landete auf einem Grat, auf dem es nicht mehr sinnvoll weiterging und keine Wegspuren mehr zu erkennen waren.
Also zurück bis zur letzten definitiv richtigen Position. Die vielen vollgeschissenen Schafspfade in Kombination mit Nebel und Regen ließen Lust, Laune und Orientierungsvermögen zwar etwas sinken, doch letztendlich …
Trotz Regen, Wolkennebel und Orientierungsschwierigkeiten erreichte ich den Gipfel des Pic d’Orhy, den ersten Zweitausender (exakt 2017m) auf der HRP. Die Gipfelmarkierung gefiel mir viel besser als das in den Alpen übliche Folter- und Tötungswerkzeug „Kreuz“.
PferdeHerde
Wegen des immer dichter werdendem Nebels, bin ich von den schönen, aber schwer auffindbaren HRP-Pfaden auf schnöde Schäferfahrwege übergegangen. Die konnte ich monoton und ohne noch mehr Schlamm an mir vor mich hinlaufen, bis ich die Cabana d’Ardane erblickte.
Ein etwas trostarmer Anblick, – bei dem Wetter kein Wunder.
Überrascht war ich, das bereits Tom und Josi, ein baskisch/libanesiches Paar, da waren und es sich bereits, soweit möglich, eingerichtet hatten. Die Cabana war mit dem Elementarsten ausgestattet: Matratzenlager, Tisch, Bank und eine Feuerstelle, wofür es hier auf der Höhe kein Holz gibt. Meine Stirnlampe wurde zur Deckenlampe umfunktioniert. Dass Essen wurde auf unseren Gaskochern direkt auf dem Tisch zubereitet und aus dem Topf gegessen. Lebensgeschichten und – erfahrungen wurden ausgetauscht. Datenschutz!!
Tom und Josi waren auf der HRP in Ost-West-Richtung unterwegs. Ein Grund dafür war, dass es ein HRP-Buch in französischer Sprache gibt, welches die HRP vom Mittelmeer an den Atlantik beschreibt. Für beide war das besser lesbar als englischsprachige Literatur und so passten sie ihre Wanderrichtung der Literatur an.
Von den beiden erfuhr ich auch zum ersten Mal, dass es im Hochgebirge jetzt noch (im September) einige Passagen gab, die noch mit vereistem Altschnee bedeckt waren und heikel zu begehen waren, insbesondere von West nach Ost. Ursache dafür war, dass es im vorherigen Winter besonders viel geschneit hatte und sich bis jetzt noch gehalten hat. Ohne „Crampons“ (Steigeisen) würden sie es nicht empfehlen.
Tag 8: ~9,5 Std. ~20 km /~1.275 m \~1.281 m
Tag 9, Donnerstag:
Tom und Josi beim Abschied am Morgen
wortwörtlich: Stillleben
Das Wetter glich dem vorherigen Tag: Am Morgen wechselnd, ab Mittag regnerisch. Der Matsch und seine Gleitfähigkeit forderte meine Aufmerksamkeit, bis ich mal wieder über eine Blume ’stolperte‘, die mir hier noch nicht aufgefallen ist.
Bevor es ganz einregnete konnte ich noch ein Lichtbild machen.
Auch Melancholisches kann schön ein.
Um ca. 15 Uhr stand ich vor der Entscheidung, nochmal 4 Stunden durch eine wundervolle Landschaft zu laufen, mit dem Risiko, dass ich wg. Nebel und Regen von dieser nichts sehe und anschließend im Nasskalten mein Zelt aufbaue und nasskalt ein Abendessen zubereite …
oder
… schnöde 12km in ca. 3 Stunden eine Passstraße entlang laufen, die mich zu einer bewirteten Hütte führt mit trockenem Schlafplatz und bereits zubereitetem Abendessen.
Ich entschied mich für Variante zwei und nach einer Stunde nahm mich eine spanisches Paar im Auto bis fast zum Ziel mit. Sie seien auch mal in so einem Wetter unterwegs gewesen und dann überglücklich im Auto mitgenommen worden. So ging es mir auch. Danke für alles.
Hier auf der Refuge Jeandel bekam ich heute Abend noch ein paar gute Hinweise, die meine Wegführung noch verbessernd beeinflussten.
Tag 9: ~8 Std. ~19,9 km /~1.147 m \~807 m
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