Mittelgebirgsstürmer

Auf der Suche nach einer ansprechenden Wanderidee für den Winter in der Region bin ich im Vereinsheft Alpenverein Aktuell des DAV Kassel, (01-2022, S.30-31) fündig geworden. Hier wird in einem Erfahrungsbericht das Angebot des Naturpark Habichtswald, mal zehn prägnante Hügel im Naturpark Habichtswald zu besuchen, vorgestellt.

Ich bin kein Freund von Wanderstempeln und Stempelheften und Belohnungen. Gleichzeitig finde ich die Idee gut, diese Hügel mal gezielt abzulaufen. Ich möchte sie durch eine Wanderstrecke miteinander verbinden, so dass daraus eine Rundtour wird.

An einem dunkelfeuchten JanuarWochenende puzzle ich die Tour in einem wohligtrockenwarmen Zimmer mit Hilfe von BaseCamp und Waymarked Trails zusammen. Startpunkt (Straßenbahnhaltestelle Wilhelmshöhe) und die Wegführung sind klar. Etappenlängen und damit auch die Endpunkte der Etappen sind noch völlig offen und werden sich beim Gehen ergeben …

Mittelgebirgsstürmer-Rundwanderung im Naturpark Habichtswald


Auf alpenvereinaktiv.com lässt sich bei Bedarf der gpx-track herunterladen.


Etappe 1:

Wir starten bei frostigen Temperaturen an einem sonnigen FebruarSamstag. Die Tram bringt uns zur schönsten Straßenbahnhaltestelle Kassels. Von hier geht es auf gut gefrorenen Naherholungswegen quer durch die Wilhelmshöher WaldParkLandschaft auf den Fulda-Diemel-Weg.

PfützenPfrost

Ab dem Ahnetal wird es matschig und schwergängiger. Der ausgewählte Weg führt uns vorbei mm Hohlestein auf die erste Kuppe, den Dörnberg.

Aussicht vom Dörnberg in Richtung Norden

Wir haben Glück mit dem Wetter und genießen die Aussicht. Hier könnten wir unseren ersten Stempel ins Mittelgebirgsstürmer-Heftchen setzen …

Noch frostig fest steigen wir ab auf den Alpen- und Jägerpfad. Die Sonne lockt verständlicherweise viele Menschen in dieses schöne, gut erreichbare Wandergebiet. Die Pfade sind dementsprechend zerfurcht und durchgematscht.

Auf dem Weg nach Zierenberg passieren wir die „Wochenendhaussiedlung“ im Heilerbachtal, die in letzter Zeit für Schlagzeilen gesorgt hat. Die Bebauung ist wirklich wildwüchsig und hat mit „Wochenendhaus“ nicht mehr viel zu tun. Mal sehen, wie die Amtsschimmel langfristig damit umgehen …

Der Weg durch Zierenberg selbst ist ermüdend, asphaltiert und nicht attraktiv. Motto: Augen auf und durch.

Lediglich die Reste einer Werbetafel für ein Gasthaus, das es schon lange nicht mehr gibt, lässt ein Schmunzeln in die schon etwas durchgekühlten Gesichtszüge aufziehen.

Nach einer dringend notwendigen Stärkung mit Tee, Nüssen und Broten gehen wir gut durchgekühlt weiter auf den Bärenberg. Dieser Anstieg ist nicht weiter attraktiv doch wärmt er wenigstens auf. Die Kuppe ist bebaut mit einem Aussichtsturm inklusive aufgepfropftem Funkmast für die heute notwendige Konnektivität. Gute Aussicht und gleichzeitig kein schöner Anblick.

Abendstimmung vor Wenigenhasungen

Der auf der anderen Seite abwärts führende Pfad führt auf eine Harvesterschneise, in der unsere Wanderschuhe ihre abschließende Matschpatina bekommen. Auf idyllischem Weg geht es in der Dämmerung noch nach Wenigenhasungen. Meine Kamera fängt noch die letzte Abendstimmung ein. Fröstelnd warten wir auf den Bus, in dem wir uns aufwärmen. Ein letzter Umstieg in Wolfhagen und die Regionalbahn bringt uns nach Kassel. Ein Hoch auf den ÖPNV.

Etappe 1: von Kassel bis Wenigenhasungen – 24,3 km – /918Hm – \851Hm
Genutzte Wege: Fulda-Diemel-Weg – Habichtswaldsteig – Bärenberg-Turm-Weg – Wolfsfährte
Kuppen: Dörnberg – Bärenberg


Etappe 2:

Für heute sind ansteigende Windgeschwindigkeiten bis zum Sturm am Abend angesagt. So machen wir uns früh los und fahren mit Bahn und Bus nach Wenigenhasungen, dem Ende unseres ersten Tages.

unterwegs auf der „Wolfsfährte“

Schmuddelwetter und kalter Wind bringen uns dazu, alle Regen- und Wärmesachen anzuziehen.

Auf dem Wanderweg Wolfsfährte (ein etwas hochgestochener Name für eine Durchquerung ausgeräumter und -genutzter Landschaft) bleiben wir frisch und gehen zügig und ununterbrochen, da es uns ansonsten zu kalt wird. Lediglich ein paar Rehe und ein Storchenpaar können wir als größere Lebewesen in der Umgebung ausmachen.

Wenn ein Landstrich schon so ausgeräumt ist, kann er auch noch zusätzlich als Windpark dienen. Vielleicht entstehen, wie hier, dadurch ja sogar noch ein paar zusätzliche Feldgehölzinseln …

unterwegs auf der „Wolfsfährte“

Wir passieren hinter Bründersen die Rauen Steine, ausnahmsweise mal aus Sandstein bestehend.

Raue Steine bei Bründersen

Das Alter wird auf ca. 243 Mio. Jahre taxiert, mindestens 6mal älter als die Alpen. Auch hier beschleicht mich wieder eine Bewunderung für die Landschaft, und sei sie auch noch so unscheinbar wie in diesem Fall.

Kurz vor Ippinghausen hilft ein Gestell den Weidelsberg inkl. Burg einzurahmen.

Wir wechseln vom Bonifatiusweg auf den Habichtswaldsteig, der mit ausführlicher Markierung nach Naumburg führt. Diesen Abschnitt kennen wir schon von der zweiten Etappe unserer Deutschland-Runde.

Hinter Naumburg führt uns der Herkulesweg etwas langweilig nach Elbenberg. Der Nachmittag schreitet voran, die Böen mehren sich und summieren sich zu einem dauerhaften starken Wind. Besorgt blicken wir manchmal in die Höhe. Noch ist kein zu starkes Baumkronenwiegen oder -knarren wahrzunehmen. Auf lokalen HarvesterWanderwegen geht es bergan Richtung Riede. Wir passieren den Klauskopf, einen unauffälligen Hügel im Landschaftspark Riede, der mit einem Aussichtsturm ausgestattet ist.

Aufgang zum Klauskopf

Ab hier geht es stetig bergab, vorbei am Rieder Schloss, bis zur Bushaltestelle. Auf den letzten Metern beginnt es heftig zu regnen. Wir haben Glück: Die Haltestelle ist mit einer windgeschützten Überdachung ausgestattet. Noch zwanzig Minuten warten und wir können uns im Bus aufwärmen.

Etappe 2: von Wenigenhasungen bis Riede – 31,6 km – /717Hm – \676Hm
Genutzte Wege: Wolfsfährte – Bonifatiusweg – Habichtswaldsteig – Herkulesweg – lokale Wege bis Riede
Kuppen: Weidelsberg


Etappe 3:

Schnell nochmal einen Wandertag in den Alltag einbauen bevor die nächsten Sonnentage kommen …

Wir lassen uns mit dem Bus nach Riede fahren und starten von dort aus in den matschigen und etwas vom Wind zerzausten Wald. Das Rieder Schloss ist ein wirkliches Kleinod am Rand der Basaltkuppenlandschaft des Chattengau.

Dunkle Wolken überm Rieder Schloss

Vorbei am Campingplatz der Weißenthalmühle (gängiger ist heute „Wiesentalmühle) ziehen wir über bewirtschaftete Flächen nach Kirchberg. Hier nehmen wir besonders intensiv die Eigenschaften von bereits etablierten Eigenheimsiedlungen wahr (Palisaden- und Schotterwände, Garagen und Geräteschuppen, so groß wie Wohnhäuser, Steingärten in verschiedenster Ausprägung, …). Das Dorf Metze streifen wir lediglich bevor es endlich wieder in einen Wirtschaftswald geht. Unser erstes Kuppenglück erleben wir auf dem Odenberg. Hier kann man bestimmt gut in die Chattengauer Ferne schauen, wenn das Wetter es erlaubt. Für uns ist das heute leider nicht möglich.

Aussichtturm auf dem Odenberg

Auf dem Forstweg zum Gestecke darf ich mir die fast mannshohe HarvesterBereifung und -Bekettung aus der Nähe anschauen: wortwörtlich gewaltig.

Der Aufgang zum Bilstein zieht sich. Kurz vor dem Ziel erleben wir aktuellen Windbruch der letzten stürmischen Tage.

Weiter geht es in Richtung Niedensteiner Kopf. Dabei dürfen wir uns bei umgefallenen Bäumen in optimaler Wegfindung erproben (drüber? drunter? dran vorbei?).

Als wir die letzten Kuppe erreichen, setzt schon langsam die Dämmerung ein. Eine Ursache dafür ist aber auch das sehr düstere Wetter, dass unserer Stimmung aber nichts anhaben kann.

Niedensteiner Kopf

Wir steigen über die Niedensteiner Rodelwiese ab zur nächsten Bushaltestelle und lassen uns in strömendem Regen nach Kassel fahren. Vorfreude auf die letzte Etappe kommt auf.

Plakatkunst an Bushaltestelle

Etappe 3: von Riede bis Niedenstein – 26,6 km – /810Hm – \710Hm
Genutzte Wege: Lokaler Wanderweg N7 – Löwenweg – Gudensberg Panoramaweg Ostrunde – Lokaler Wanderweg N2 – Habichtswald Extratour H5
Kuppen: Odenberg, Bilstein, Niedensteiner Kopf


Etappe 4:

Zur letzten Etappe geht es mit dem Bus zurück nach Niedenstein. Es ist sonnig und kalt. Durch Feld, Wald und Flur geht es zur heutigen ersten Kuppe, den Falkenstein. Von unserer Deutschlandtour und meiner Wanderung in den Ruhestand ist er mir auch als Übernachtungsplatz wohlbekannt.

Blick vom Falkenstein auf Käsebrot und Isthaberg

Ein Kleiber besucht uns Menschenbestien mutig am Frühstückstisch und stibitzt Nüsse.

Hoof wartet in Ortsrandlage mit einem Gasthaus (geschlossen) auf. Seine Werbestrategie wirkt auf mich eher abschreckend.

Einen schönen Blick ins weite Land wird uns auf dem Burgberg beschert, inkl. der rustikalen Sitzgelegenheiten.

Nach Unterquerung der A44 erwartet uns ein langer Anstieg bis zum Hohen Gras. Die Sonne bleibt uns wohl gesonnen und dennoch bleibt es kalt.

Kurz hinter dem Gasthaus Herbsthäuschen umgehen wir einen Windbruch durch akrobatisches QuerfeldeinGehen. Wann der Zugang zum Herbsthäuschen von der Teufelskanzel wieder begehbar sein wird, bleibt unklar.

Vom Brasselsberg können wir in den Kessel von Kassel hineinschauen. Die letzten Kilometer ziehen sich durch Neuholland und den Bergpark Wilhelmshöhe.

Mit kalten Nasen und heißen Füßen erreichen wir am schattigen Abend unser Ziel, die Straßenbahnhaltestelle Wilhelmshöhe. Sie dient gleichzeitig der Museumslandschaft Hessen Kassel als Informationsbüro für Besuchende des Bergpark Wilhelmshöhe.

Etappe 4: von Niedenstein nach Kassel – 28,1 km – /924Hm – \1.135Hm
Genutzte Wege: Habichtswald Extratour H5 – Habichtswaldsteig – Herkulesweg – Kasselsteig
Kuppen: Falkenstein, Burgberg, Hohes Gras, Brasselsberg

Gesamtstrecke: 111 km – /3.373Hm – \3.373Hm


Auf alpenvereinaktiv.com lässt sich bei Bedarf der gpx-track herunterladen.

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