Tag 4: Sonntag, 29.6.2025:
Wir sind mal wieder die einzigen Gäste, diesmal im Rifugio Al Pian Cavallone (1503 Hm). Wir sitzen im Schatten auf der Terrasse bei MorettiBier, …
… Polenta mit HirschGulasch und genießen dabei die Aussicht auf den Lago Maggiore. Zeit, um auf den heutigen Tag zurück zu blicken …
Am Morgen verabschieden wir uns von Massimo, dem Verwalter des Nationalpark-Ostellos. Bestimmt kommen wir wieder, vor allem weil wir hier schon im Frühling und auch noch bis in den späten Herbst das Val Grande erkunden können.
Auf einem alten Alpweg geht es steil hinunter in die Schlucht des Rio Pogallo.
Eine ebenso alte Brücke hilft uns beim Überqueren des grünklaren Flüsschens.
Stundenlang geht es steil hinauf durch ‚wuilden Wold‘ …
… an Ruinen von Alpgebäuden vorbei.
Welch mühsamer Broterwerb war hier die Regel. Kleintiere halten, Kastanienprodukte herstellen, Gartenfrüchte säen, ernten und verarbeiten, Kinder bekommen und erziehen, Kranke pflegen, Tote bestatten, Hausrenovierung und Holzwirtschaft, ins Tal hinunter zum An- und Verkauf – all das das ganze Jahr hindurch ohne jede längere ‚Auszeit‘. Kein Wunder, dass diese Lebensweise eingetauscht wurde gegen eine Arbeit in einer Fabrik mit all ihren Vor- und Nachteilen.
Ich bewundere die in eine Terrassenwand integrierten Treppenstufen. Welch eine einfache und elegante Lösung.
Letztendlich erreichen wir in Schweiß gebadet auf einer noch frei gehaltenen Fläche das Bivacco Curgei.
Das kleine Haus bietet alles Notwenige, um zu bleiben und zu übernachten. Wir pausieren ausgiebig, füllen unsere Energiespeicher und trocknen ein wenig.
Auf einem sonnigen Höhenweg geht es weiter bis zum Rifugio Al Pian Cavallone.
Ein junges Paar, Marica und Luca, begrüßt uns herzlich und weist uns unsere Betten zu. Die Tagesgäste sind schon wieder abgestiegen und wir haben Zeit für ‚dolce vita‘, was in einem Nachmittagsschläfchen mündet. Am Abend bekommen wir noch ein Konzert von Eselsrufen.

Ca. 80 Esel sind hier auf einer Alm und fressen sich für die Wurstherstellung groß. Wenigstens haben sie vor ihrer Schlachtung ein gutes, fast freies Leben.
Tag 4: Cicogna – Rif. Pian Cavallone: 6,1 km – / 1182 Hm – \ 393 Hm
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Tag 5: Montag, 30.6.2025:
Alles ist klamm. Vom Rucksack über die Kleidung bis zu den Schuhen. Die Luftfeuchtigkeit ist einfach enorm, sowohl im als auch außerhalb des Rifugios.
Nach mäßigem Frühstück im gastfreundlichen Rifugio Pian Cavallone machen wir uns auf. Schon nach ein paar hundert Metern läuft uns wieder der Schweiß.
Über ‚Tratti franati‘ (zusammengeklappte Abschnitte), sprich schmale, überwucherte Wege erreichen wir das Colle delle Forcola.
Die ersten Kettensicherungen dürfen wir auf dem Weg zum Passo del Diavolo nutzen.
Wir steigen auf den Pizzo Marone (2030 Hm), wo wir an einer Kapelle,die auch als Notbiwak dienen kann, pausieren.
Der Dunst macht es heute unmöglich, Landschaften zu fotografieren. Dann müssen die Blumen eben dran glauben.
Ein ebenfalls gut kettengesicherter Weg führt durch die Flanke des Monte Zeda, den wir heute auch wegen Wolkenbehangs auslassen.
Wolken wabern in unseren Weg hinein. Wir kommen nur sehr langsam voran.
Am frühen Nachmittag erreichen wir das Bivacco Pian Vada und sind froh, dass die Sonne heute meistens hinter den Wolken war. Und wir sind mal wieder keinem auf dieser Tour begegnet. Auch hier am Bivacco gibt es keinen Menschen außer uns.
Die Wolken werden größer und dunkler und brauen sich am Abend zusammen und entladen sich als ein kleines Gewitter, das wir aus dem Trockenen des Bivacco über dem Lago Maggiore beobachten dürfen.
Ein gelungener Tag neigt sich dem Ende zu.
Die Nacht, um ca. 3 Uhr, bringt noch die fast taghelle Erleuchtung der Uferränder des Lago Maggiore inklusive seines Umlandes zum Vorschein.
Im Mai, bei einem Besuch einer Sonderausstellung des Alpinen Museums in München konnten wir auf einer Satellitenaufnahme das ganze Ausmaß dieser nächtlichen Illumination des Alpenraumes erfassen, inklusive des Lago Maggiore und seines Umlandes.
Stichworte dazu: Bevölkerungsdichte und Energieverbrauch der Menschen, Störung für nachtaktive Lebewesen, die Dunkelheit zum Überleben benötigen.
Tag 5: Rifugio Pian Cavallone – Bivacco Pian Vada: 6,7 km – / 664 Hm – \ 494 Hm
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Tag 6: Montag, 1.7.2025:
Die Crema des Morgenkaffees macht mich lebendig.
Schon früh sitzen wir auf der Terrasse des Bivacco und müslien uns in den sonnigen Tag.
Wir verabschieden uns heute aus dem Val Grande durch einen meist waldigen Abstieg ins Val Cannobina. Zuvor geht es über einen selten begangenen Höhenweg durch etwas ruppiges Gelände.
Im Buchenwald helfen uns alte, gestufte Pfade hinunter.
Wir versinken in Buchenlaub bis weit über die Knöchel.
Was darunter ist können wir nur ertasten: eine Stufe? Runde Steine, die uns ins Rollen bringen? Versteckte Äste, die uns straucheln lassen?
Ein Loch im dichten Wald lässt einen Blick auf den Ort Falmenta zu.
In Crealla, einem verschlafenen Örtchen, haben wir den größten Teil des Abstiegs schon hinter uns. Typische italienische Sommeridylle empfängt uns.
Wir pausieren am zentralen Platz des Ortes bevor wir uns an die 1400 Stufen machen, die uns hinunter nach Falmenta Ponte bringen.
In der dortigen Bar wollen wir auf den Bus warten, …
… der leider nicht fährt (weil ich als Auskunft auf den Winterfahrplan zugegriffen habe).
So versuchen wir via Autostop nach Cannobio zu kommen, was uns nach langer Wartezeit gelingt. Eine Unterkunft finden wir schnell direkt am Hafen. Die Preise für ein Zimmer schwanken hier saisonabhängig zwischen 70€ (Winter) und 450€ (Sommer, Ferragosto)!
Wir freuen uns auf frischen Salat in einem Ristorante am Lago. Ein heftiges Gewitter mit mächtig viel Regen ist angekündigt.

Im Trockenen sitzend und schmausend beobachten wir den temporären Weltuntergang.
Leicht besäuselt beenden wir den Tag, in dem wir im Hotelbett komfortabel einschlafen.
Tag 6: Bivacco Pian Vada – Falmenta Ponte: 9,1 km – / 375 Hm – \ 1428 Hm
Das Aufwärmen in der Region Val Grande ist nun beendet. Diese wilde, waldreiche Gegend hat es geschafft, mich zu verzaubern. Es gibt noch soviel zu erkunden hier. Insbesondere im späten Herbst ist diese Gegend bestimmt ein lohnenswertes Ziel, um noch vor den grauen Wintertagen rauszukommen und hier die wilde Schönheit Italiens zu erlaufen.

































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