Es ist 4 Uhr am Morgen. Mittwoch, 25. Juni 2025. Routiniert und gleichzeitig etwas aufgeregt starten wir in unsere diesjährige Alpenwanderung. Nach den letzten Erledigungen wie Frühstücken, Körperpflege, Heizung ausschalten, Schlüssel deponieren und HabenWirAlles?-Check machen wir uns auf zum Bahnhof Wilhelmshöhe, wo uns ein ICE um 6:15 in seinem komfortablen Hochgeschwindigkeitsbauch aufnimmt.
Über Frankfurt und Bern erreichen wir in nur 9 Stunden Domodossola am italienischen Fuß des Simplonpasses im nördlichen Piemont. Es ist knallheiß hier. Die Luft steht und ist mit Feuchtigkeit gesättigt.
Wir pausieren in der Bar, die wir schon von vorherigen Aufenthalten kennen, und fühlen uns ein bisschen wie angekommen.
Ein Kleinbus bringt uns weiter nach Verbania am Lago Maggiore. Wir bewundern Palmen, riesige, blühende Magnolienbäume und alte, in hohe Mauern eingefasste und von Efeu umrankte Villen, in denen die Zeit still zu stehen scheint. Noch ein schweißttreibender Gang zu unserer Herberge, dem Ostello Verbania, ebenfalls in einer alten Villa untergebracht, und wir haben unser heutiges Ziel erreicht.
Den Abend lassen wir am Lago in der Bar im Giardino Giuglia bei zwei großen Bieren ausklingen. Die opulenten Beigaben überraschen und erfreuen uns.
Abendstimmung am Lago Maggiore.
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Tag 1: Donnerstag, 26.6.2025:
Der Tag beginnt gut. Ein ungewöhnlich vielfältiges Frühstück auf der Terrasse des Ostello mit Blick auf den See weckt unsere Lebensgeister.
Wir schlendern über Radwege entlang des üppig bewachsenen Steilufers nach Intra, dem quirligen Ortsteil von Verbania. Letzte Einkäufe vertreiben uns die Zeit bis zur Abfahrt unseres Kleinbusses nach Cossogno. Wir sind die einzigen Fahrgäste.
Ab hier geht es zu Fuß weiter hinein ins Val Grande, dem größten „Wildnisgebiet“ in Italien.
Es wird durch einen Nationalpark vor weiteren zähmenden, ‚kultivierenden‘ menschlichen Eingriffen geschützt.
Eine alte Mulattiera führt hoch über dem Torrente San Bernadino durch Esskastanienwald in den Nationalpark. Wir sind mal wieder die einzigen unterwegs.
Eine Aspisviper sonnt sich auf einem Stein, bis wir sie leider dabei stören.
Neben ein paar schmalen Wegstellen, die durch Abbruch der Mulattiera entstanden sind, dürfen wir noch einen relativ frisch umgestürzten Baumriesen sehr unkonventionell umsteigen.
Wir schrecken eine Rotte Wildschweine auf, die im Dämmerlicht des dichten Waldes auf Futtersuche ist.
Ein Gewitter inkl. leichtem Regen begleitet den restlichen Aufstieg nach Cicogna (750 Hm), der einzigen Siedlung im Nationalpark.
Der Ort hat eine lebendige, bevölkerungsreiche Geschichte hinter sich.
Heute zählt er noch 14 ständige EinwohnerInnen, die das ganze Jahr hier leben.
Unsere Unterkunft, das Casa Celestine, vermietet uns Massimo, der auch gleichzeitig Verwalter des Ostello Val Grande ist.
Es können bis zu acht Gäste hier nächtigen. Heute sind wir die einzigen. Das Haus ist einfach und mit viel Geschmack her- und eingerichtet.
Lebensmittel des täglichen Bedarfs stehen zu Verfügung. Wir können sie nutzen gegen einen Beitrag des Vertrauens, der in einen Briefkasten, der als Kasse des Vertrauen dient, entrichtet wird. Welche eine angenehme Atmosphäre.
Wir lassen uns das Abendbier im einzigen Restaurant des Dorfes schmecken, schlendern anschließend durch die Überreste des einst aktiven Dorfes, bevor wir mit vielen neuen Eindrücken genüsslich im komfortablen Bett einschlafen.
Tag 1: Cossogno – Cicogna: 7,2 km – / 740 Hm – \ 395 Hm
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Tag 2: Freitag, 27.6.2025:
Wegen der angekündigten hohen Temperaturen machen wir uns nach einem Selbstversorger-Frühstück halbwegs früh (7:15 Uhr) auf zu unserer heutigen Aufwärmtour – im wahrsten Sinn des Wortes. Sie führt uns steil hinauf über ehemals bewirtschaftete Terrassen.
Wir passieren laufend Ruinen von Alpgebäuden. Kastanien und Buchen haben die Flächen zurückerobert. Bald ist nichts mehr übrig von der Bewirtschaftung durch die Menschen.
An der Alpe Pra dürfen wir einen bearbeiteten Stein aus prähistorischer Zeit bewundern – bei gleichzeitiger Sicht auf den Lago Maggiore.
Die warmen Felsen sind Sonnenterrassen für Eidechsen verschiedener Farben und Größen.
Sie huschen andauernd vom Weg, wenn wir Monster anmarschiert kommen.
Uralte Baumstümpfe am Wegesrand zeugen von Geschichten, die wir nur erahnen können. Noch jetzt erfüllen sie die Funktion einer Behausung für verschiedenste Lebewesen.
Buchen strecken ihre Kronen in die Höhe, um so soviel wie möglich Licht für ihr weiteres Wachstum zu bekommen.
Hier wurde ein Draht an einer jungen Buche befestigt. Im Laufe ihres Wachstums hat sie sich ihn einverleibt und versucht mit diesem Fremdkörper so gut es geht zu leben.

Wir erreichen Pogallo, eine ehemalige Holzfällersiedlung, die zu ‚besten‘ Zeiten einer Goldgräberstadt wie z.B. Dawson City am Yukon, geglichen haben soll. Das könnte der ‚Saloon‘ gewesen sein.
Bis auf ein paar Ferienhäuser und einer Wiesenfreifläche hat sich der Wald binnen 80 Jahren alles zurück geholt.
Auf einem Weg durch die Schlucht des Rio Pogallo geht es zurück in Richtung Cicogna. Ein kleiner Wasserfall mit anschließendem Badegumpen lädt zur Erfrischung ein.
Die Hülle einer geschlüpften Libelle erregt meine Aufmerksamkeit. Wie die Libelle sich da wohl herauspellt?
Auf moderatem Waldweg erreichen wir Cicogna und sind mehr von der Hitze erschöpft als vom eigentlichen Gehen.
Hier ein paar Eindrücke der Innereien unserer Unterkunft, der Casa Celestine.
Den Abend lassen wir in der Bar bei einem (oder zwei?) Gläschen Arneis ausklingen.
Tag 2: Cicogna – Alpe Pra – Pogallo – Cicogna: 9,3 km – / 1108 Hm – \ 1108 Hm
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Tag 3: Samstag, 28.6.2025:
Heute soll es ein Gipfel werden. Die Cima Sasso (1912 Hm) ist unser Ziel. Ist nicht so hoch, doch von Cicogna aus brauchen wir ca. 1400 Hm bis wir oben sind. Die derzeitige Hitze (am Lago Maggiore 33°, hier in Cicogna immerhin noch 28°) ist eine zusätzliche Herausforderung.
Wir suchen uns einen unmarkierten, sogenannten ‚wilden‘ Pfad für die ersten 500 Hm aus. Er ist schattig und führt mal wieder durch Buchenwald.
Wir begegnen auch ungewöhnlichen Buchen, die wir in ähnlicher Form auf der Südseite des Edersees entdeckt haben.
Ohne Bäume bekommen wir in gleissender Mittagshitze eine erste Sicht auf die Cima Sasso.
Schwitzend erreichen wir den Gipfel nach mehreren kleinen Pausen.
Die Aussicht ist grandios und reicht von den oberitalienischen Seen (Varese, Maggiore, Orta) bis zur Monte-Rosa-Gebirgsgrupppe und darüber hinaus.
Der Wald im Val Grande hat es uns angetan. Hier sind es die Jungbuchen, die sukzessive Almflächen zurückgewinnen.
Bis zu einem ausgewachsenen Buchenwald braucht es ein paar hundert Jahre – aber was sind schon Jahrhunderte in der Zeitrechnung von Bäumen …
Am Rifugio Alpini an der ehemaligen Alpe Pra rasten wir ausgiebig im Schatten bei einem Kaltgetränk mit Sommersonnenterrassenaussicht auf den Lago Maggiore.
Und zum Tagesabschluss gönnen wir uns einen italienischen Abend im einzigen Ristorante des Dorfes.
Morgen ziehen wir weiter und verlassen diesen angenehmen Ort, der uns bestimmt wiedersehen wird.
Tag 3: Cicogna – Cima Sasso – Cicogna: 11,2 km – / 1298 Hm – \ 1298 Hm




































Hi
Habt Ihr jetzt einen kasseler Sponsoren oder was ist in der Tüte vom Kletterkogel?
Herzliche Grüße!
Ciao Christian,
nein, kein Sponsoring. Die Tüte vom Kletterkogel war noch bei Lady C. im Vorrat und beinhaltet unseren Reiseproviant. Insbesondere der Kartoffelsalat mit Küchenresten war besonders köstlich. LG Klaus
WunderWunderschön …mehr kann ich dazu nicht sagen!!
Alles Liebe & alles Gute :))
Liebe Heike,
danke für deinen freundlichen Kommentar. Lady C. wird mit dir auf einem anderen Kanal Kontakt aufnehmen. LG Klaus
Liebe Heike, danke für deinen freundlichen Kommentar. Lady C. wird mit dir auf einem anderen Kanal Kontakt aufnehmen. LG Klaus