Sentiero delle Orobie Orientale

Das schönste zuerst:

Einige Impressionen der Tour sind nun in einer ca. 3minütigen Bilderreihe zusammengefasst.

Und ab hier alles von Anfang an mit erläuterndem Text:

Sentiero delle Orobie – Wo ist denn der? Das war meine erste Reaktion. Die folgenden Aktivitäten waren schon eher neugieriger Natur, begeistert und mit Vorfreude versehen.

Auf einem der Blogs, denen ich folge, wird die Gegend als „Terra Incognita“ bezeichnet. Auch gibt es eine ausführliche Beschreibung in italienischer Sprache. Alle Texte haben mir viel Lust gemacht, diese Gegend und den „Sentiero delle Orobie“ unter die Wanderschuhe zu nehmen. Mein Bedürfnis nach NomadenDasein war für dieses Jahr noch nicht gesättigt.

So fuhren wir, zwei gleichgesinnte Bergfreunde (Anette und Christian), und ich am Donnerstag in aller Frühe mit dem Auto los in Richtung Mailand, dann wieder nordöstlich nach Bergamo, um am späten Nachmittag in Ardesio anzukommen.

Wir wurden von der etwas leichteren italienischen Lebensart sofort aufgesogen. Obwohl Ardesio nur ein kleiner Ort ist, luden uns mehrere Bars und eine Feinbäckerei zum Müßiggang ein, was wir gern annahmen. Die Busfahrt zum eigentlichen Startpunkt nach Valcanale war für uns kostenlos, da wir nicht wussten, dass die Fahrscheine vorab im Tabacchi zu kaufen sind. So winkte uns der Busfahrer einfach rein, ließ Fünfe gerade sein und fuhr uns ohne Tickets nach Valcanale. In diesem unserem Lande ist so ein Verhalten nicht vorstellbar.

Von hier aus brauchten wir nur noch eine Stunde durch Regen und Dämmerung bergauf zum Rifugio Alpe Corte zu gehen. Ein breiter, desolater Fahrweg durch eine wunderschöne Berglandschaft führte dort hin.

Die „Hütte“ bot uns einen Gourmet- und Komfort-Aufenthalt, ganz im Sinne eines guten Urlaubsauftaktes: dreigängiges Abendmenü mit Pilzpasta, Kaninchen, Butterspinat und Creme Caramel sowie Dusche und WC auf dem Sechsbettzimmer.

Da Anfang September die italienische Hauptsaison vorbei war, und die Bergamasker Alpen ansonsten nicht so bekannt sind, waren wir die einzigen Gäste. Dies war auch bei den meisten der noch kommenden Unterkünften so.

Den nächsten Morgen gestalteten wir „zwangsweise“ mit lässigem Müßiggang. Es regnete „cats and dogs“. Wir schauten genüsslich aus den Fenstern, und „chillten“ so lange, bis es in der Mittagszeit ein wenig aufklarte. Die ersten Nicht-Regen-Lücke nahmen wir zum Anlass, uns auf den Weg zum Rifugio Lago Gemelli zu machen. Unser Optimismus wurde belohnt. Bis auf einen Hagelschauer blieben wir vom Wasser verschont und wir liefen durch eine wild-nasse Landschaft, die einfach herzerfrischend war.

Trocken und ein wenig durchbewegt erreichten wir das Rifugio Lago Gemelli, ein stolzer Bau auf einem Plateau in der Nähe eines Stausees.

Rifugio Lago Gemelli

Die Größe ließ darauf schließen, dass es in der Hochsaison hier auf italienische Art sehr lebendig zugeht. Die Gastfreundschaft ließ auch hier keine Wünsche offen und die Geschmacksknospen wurden am Abend wieder auf vielfältige Art verwöhnt.

Der Abend bot auf der Terasse eine wunderbare Fernsicht und es keimte die Hoffnung auf, dass uns der nächste Tag trockenes Wanderwetter bescheren könnte.

Leider bot sich ein ähnliches Bild wie am Vortag. Die Himmelsschleusen waren geöffnet und schütteten ein SchneeRegenGemisch auf die Erde, dass es eine Wonne war. Mit Lesen, Schlafen, Schwätzen füllten wir auf angenehme Art und Weise die Zeit bis mittags der Regen wieder aufhörte. Dann machten wir uns auf den Weg zum Rifugio Fratelli Calvi. Die Berge waren wie mit Puderzucker bestreut. Der Gegensatz zwischen noch blühenden Blumen und dem ersten Schnee war krass.

Es ging meist auf gleicher Höhe über gut ausgebaute Wege durch Wälder und Felswände entlang. Für eine ausgedehnte Pause mit Vesper war es einfach zu kalt, so dass wir mit kurzen Stopps vorlieb nahmen. Schließlich erreichten wir unser Tagesziel, das Rifugio Fratelli Calvi.

Die Hütte ist wunderbar an einem Bergsee gelegen und in der Hochsaison sicher ein beliebtes Ausflugsziel für tageswandernde Italiener/innen, die hier dann sehr gut verköstigt werden. Unter anderem konnte ich hier zum ersten Mal in meinem Leben ein Gulasch aus Eselsfleisch probieren, was mir sehr gut schmeckte.

Am Abend wurden wir mit einem Sonnenuntergang belohnt, der ein Vorbote der Wettervorhersage für den nächsten Tag war: sonnig, trocken und kühl !

Und so war es dann auch am nächsten Morgen. Vorbei an einem zauberhaften See ging es auf den Passo di Valsecca, der mit Schneepuderzucker bestreut war.

Beim Abstieg kamen wir am Bivacco … vorbei, in dem ich gern geblieben wäre, wenn wir die dazu notwendigen Dinge (Kocher, Schlafsack, etc.) dabei gehabt hätten. Hatten wir aber nicht.

Vom Bivacco sahen wir bereits mit bloßen Augen das Rifugio Baroni al Brunone, was wir jedoch erst Stunden später erreichten. Zuvor mussten wir unterhalb mehrerer Gipfel entlang queren und einige steile Passagen mit Vorsicht überwinden.

Am frühen Abend erreichten wir das Rifugio Baroni al Brunone, in dem wir auf zwei deutschsprachige Wanderer trafen, die den Sentiero für eine Sektionwanderung in 2018 erkundeten. Skurrile pazifistische Jagdtrophäen verschönerten unseren Hüttenaufenthalt.

Nach abendlicher Kartensichtung und Beratung entschlossen wir uns, das Rifugio Merelli al Coca auf zwei verschiedenen Varianten zu erreichen. Anette und Christian wählten die „Basso“-Route und ich wollte über die „Alto“-Variante gehen.

Die Basso-Variante wurde als einfach eingestuft, jedoch mit einer längeren Gehzeit angegeben.

auf der „Basso“-Route

Das Begehen der Alto-Route wurde nur bei guten Wetter empfohlen und als etwas schwieriger deklariert.

die „Alto“-Variante

Kurz vor dem Ziel ergab sich für mich noch eine herrliche Tiefsicht auf einen See, an dem ich beim weiteren Abstieg auch vorbei kam.

Das sehr familiär betriebene Rifugio Coca begrüßte uns herzlich und bot den bereits gewohnten Komfort und die luxuriösen Gaumenfreuden.

Meinem Steckenpferd,
schwierigen HochStapeleien,
ging ich diesmal innerhalb der Hütte nach.

Am folgenden Morgen hatten wir eine hohe Bereitschaft unsere Pläne vom Vorabend zu verwerfen und diese an die aktuellen Gegebenheiten anzupassen. So beschlossen wir für den letzten Tourentag eine leichte Gangart ohne Rucksack einzulegen, einen See zu besuchen und uns auf einen Pass hoch zu arbeiten.

Auf diesem Ausflug kamen wir Steinböcken so nah, dass es echt beeindruckend war.

Am Nachmittag stiegen wir ab ins normale Irdische und all seinen angeblichen Zwängen und Freiheiten. Vor der endgültigen Heimreise machten wir noch einen Zwischenstopp in Bergamo mit seiner wunderschönen Altstadt auf dem Hügel.

Und jetzt, wieder zurück im ganz normalen Wahnsinn, bleibt uns nichts anderes übrig, als die vergangene Zeit zu genießen und mit Vorfreude die nächste Bergwoche für 2018 zu planen.

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