Wanderung in den „Ruhestand“

Jetzt ist es soweit. Mein letzter Arbeits-Abschiedstag liegt hinter mir und eine endliche Weite freier Entscheidungen liegt vor mir. Eine solche Entscheidung war, nach meinem letzten Tag mit beruflicher Aktivität von Bad Wildungen nach Hause (Kassel), ca. 55km, zu laufen.

Das Wetter meinte es gut (nicht nur) mit mir. Es war kalt, trocken und sonnig. Ich zog nach einem mir nahegehenden Abschied am Donnerstag um 15 Uhr los und fand ca. dreieinhalb Stunden später in der Dämmerung im Wald zwischen Bergheim und Heimarshausen einen ebenen Schlafplatz.

Der Abendhimmel leuchtete noch ein bisschen in dezenten Farben.

Nach einem schnellen, warmen Tütenfertigfutter und einem heißen Tee kroch ich in den Schlafsack und schlief (wie so häufig, wenn ich draußen übernachte) satte 12 Stunden.

Das Anziehen, Zusammenpacken und Richten am nächsten Morgen dauerte wie immer ziemlich lang (ca. 50 min.). Noch keine Idee, wie das zügiger zu bewältigen ist.

Die farbige Aussicht von gestern Abend sieht heute morgen etwas nüchterner aus.

Die Winterstürme haben gezeigt, welche Baumarten hier eigentlich nicht hingehören und wie sich menschengemachte Luftverunreinigung auch auf die Widerstandsfähigkeit der Bäume auswirkt, die hier heimisch sind. Mal sehen, was uns langfristig wichtiger ist, – unser kurzfristiger Komfort und Luxus (z.B. Individualverkehr) oder die Erhaltung unserer Lebensgrundlagen.

Jetzt sitze ich hier in Heimarshausen im Landhotel Schneider als einziger Gast vor einem sattmachenden Frühstück, schreibe den Blog und freue mich auf den Weiterweg.

Auf dem weiteren Weg in Richtung Riede wurde mir häufig die Kraft der Stürme durch beeindruckende Schneisen von umgestürzten Bäumen bewusst. Gut dass es jetzt windstill war.

Es wurde immer schneeiger, je weiter es in Richtung Merxhausen und Altenburg ging. Die Schatten wurden länger und merklich kühler.

Verschneite und teilweise vereiste Wege, Windbruch und die häufige Anpassung der Kleidung (Handschuhe an/aus, Sturmhaube an/auf, …) an mein Wärmebedürfnis verbrauchten kalkulierte Wanderzeit, so dass ich nur noch hoffen konnte, wenigstens bis zur Burgruine Falkenstein zu kommen. Dort kenne ich bereits einen halbwegs ebenen Lagerplatz.

Das abendliche Farbspiel der untergehenden Sonne begann wieder … für mich immer wieder beeindruckend.

Falkenstein in Abendsonne

Rückblick beim „Aufstieg“ zum Falkenstein

Blick vom Falkenstein gen Westen, rechts der Bärenberg

Gerade rechtzeitig bevor die Dunkelheit einsetzte konnte ich noch ohne Stirnlampe das Zelt aufbauen und den Schlafplatz vorbereiten. Heißen Tee und ein Fertigessen zum Schnellkochen rundeten den vollen Tag ab. Einfach zufrieden und gesund erschöpft verstaute ich mich tief im Schlafsack mit, ausgerüstet mit Mütze und Handschuhe erwartete mich ein erholsamer, wieder fast 12stündiger Schlaf.

Lagerplatz am Falkenstein

Dieser Morgen war etwas kälter als der vorherige. Außen minus acht, im Zelt minus drei Grad. Die Innenwand des Zeltes war mit einer dünnen Eisschicht, wahrscheinlich von der Feuchtigkeit meines Atems, beschlagen. Jede Berührung ließ die Eisflocken vom Innenzelt abblättern. Es wurde ungemütlich und ich machte mich raus, baute alles ab und lief anschließend direkt los.

Für die Anpassung der Kleidung nutzte ich eine wunderschöne Aussicht kurz vor Breitenbach. Hier verköstigte ich mich in einer Bäckerei mit zwei Kaffee, einem Liter Wasser, zwei Brötchen und zwei Stück Speckkuchen. Das sollte reichen bis nach Hause, – was es auch tat.

Passo A44

Ich überquerte den „Passo A44“: Laut, wuselig und windigkalt. Nur weg hier.

Auf dem Weg zum Hohen Gras bei Kassel war die gleiche stürmische Zerstörung zu erleben wie auf der ganzen vorherigen Strecke.

Für Mountainbiker werden sich in in diesem Frühjahr besondere Herausforderungen ergeben.

Die Landschaft am Hohen Gras hat derzeit etwas von „endlicher Weite“ (wenn man die richtige Fotoperspektive einnimmt).

Das Schimmern von angetautem und wieder gefrorenen Schnee im Gegenlicht der Abendsonne hat schon was bezauberndes.

Zum FastSchluss ging es auf bekannten Wegen in Richtung Herkules und dann hinab zur Hessenschanze. Die Wege waren zum Schluss durch die intensive Benutzung von Wanderern, Radfahrern und Spaziergängern stark vereist. Ich war froh, dass ich mit meinen Wanderstöcken einige Ausgleitungen abfangen konnte.

Die letzten Kilometer führten mich durch Stadtteile von Kassel (Kirchditmold, Rothenditmold, Nord-Holland und Fasanenhof). Der ganz normale Menschenalltag (fahrende Autos wohin das Auge sieht, ÖPNV, DB, noch geöffnete Supermärkte, kaum zu Fuß gehende Menschen) hat mich wieder. Ich freue mich auf meine warme Stube.

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