Wenn einer eine Reise tut …

Tag 68 – Dienstag, 29. August:

Domodossola, 5 Uhr: Aufstehzeit, um die Zugverbindung nach Bari zu erreichen. Die ersten Bars haben schon geöffnet, um den Frühaufstehenden Cafe und Cornetto anzubieten.

Die Fahrt gestaltet sich lockerlässig, dennoch dauert sie bis Bari fast 13 Stunden inkl. Umstiegen in Navara und Mailand. Kurz vor Bari sehen wir sogar manchmal das meist zugebaute Meer.

Irgendwie ist es schon ein bisschen wild, so flott die Sprachräume zu wechseln. Von der  französischsprechenden Schweiz in die schwyzerduetsche Schweiz und weiter ins italienischsprechende Piemont. Und dann morgen nach Albanien. Puh! Da komme ich schon mal durcheinander.

Den Bahnhof von Bari erreichen wir am Abend.

Hier pulst das Leben der Menschen ziemlich hochfrequent. Autos hupen. Fahrräder fahren kreuz und quer. Die Jugend putzt sich heraus und ist wahrscheinlich hormonell bedingt auf Partnersuche.

Zunächst herrscht Konfusion, wo um alles in der Welt am Hafen unser Check-In-Schalter ist. Wir einigen uns darauf, nicht der Intuition sondern exakt der eigentlich verständlichen Beschreibung zu folgen, – und kommen rechtzeitig zum Check-In.

Die Fähre nach Durres nimmt uns auf in ihren riesigen Bauch. Wir gehören zur seltenen Spezie der Fußgänger.

Fast leer ist das Schiff. Wir machen es uns in der Bar kuschelig mit unseren Schlafsäcken und verschlafen fast die ganze Fahrt.


Tag 69 – Mittwoch, 30. August:

Durres in Albanien: Angekommen.

Die Einreiseformalitäten sind für uns ein Leichtes. Man winkt uns überall durch, ähnlich wie Eltern mit kleinen Kindern haben wir so gut wie keine Kontrollen oder Wartezeiten. Entweder liegt das an unserem Alter oder unseren EU-Pässen oder beidem.

Es geht gleich weiter mit dem Bus nach Tirana, der Hauptstadt Albaniens.

Das Bussystem funktioniert gut hier: Es gibt keine festen Abfahrtzeiten. An der Busstation wird man von irgendjemandem gefragt (englisch), wo man hinwill, und schon sitzt man im richtigen Bus und wartet mit den anderen Passagieren, bis dieser voll ist. Gezahlt wird bar beim Busbegleiter während der Fahrt, der durch die Sitzreihen geht.

Auf gut ausgebauten, oft chronisch verstopften Straßen, fährt der Bus im Schleichtempo zum Busterminal Nord in Tirana.

Das kennen wir schon von unserem ersten Aufenthalt in 2021.

‚Taxi, Taxi‘ – es wird angenommen, dass wir uns ins Zentrum fahren lassen wollen. Weit gefehlt: wir gehen zu Fuß und lernen dabei einige Facetten der Stadt kennen.

Überall wird gebaut, – und gleich mit Interessantem angereichert.

Die Zufahrtstraßen nach Tirana sind breit angelegt. Albaner lieben große Autos.

Einer der vielen kleinen Baumärkte, an denen wir vorbeigelaufen sind.

Die Unterkunft für diesen Abend habe ich so ausgesucht, dass sie auf halber Strecke zwischen Busbahnhof und Zentrum liegt und wir zu beidem ca. 2,5 km Laufstrecke haben. Das Ergebnis ist ein Apartment im 11. Stock im Wohnkomplex ‚Magnet‘ mit mehreren Hochhäusern.

Außer uns gibt es hier keine Touristen. Wir sind in einer Möglichkeit echten albanischen Lebens angekommen.

Andere Möglichkeiten lernen wir auf dem Fußweg ins Stadtzentrum kennen.

Schon etwas in die Jahre gekommen, aber noch sehr lebendig …

Brauchwassertanks auf dem Dach sind häufig zu sehen …

Luftige Verkabelung …

Gleich daneben futuristische, bunte Gebäude …

Wir besuchen das Nationalmusuem für albanische Geschichte …

… und lassen uns aufklären über Frühgeschichte …

… Skanderbek als ersten Nationalhelden …

… und Trachten der Skipetaren (Albaner).

In thematisch gegliederten Bereichen werden wir über frühe Regierunsformen, den antifaschistischen Widerstand gegen Italien und Deutschland im zweiten Weltkrieg und die Zeit der Diktatur und Isolierung sowie die neueste Geschichte der Öffnung informiert. Leider sind die Texte fast alle nur in albanisch, so dass wir viele Infos nur aus den Bildern interpretieren können.

Zum Ende des Tages werfen wir uns in das Abendleben der Trabantenstadt ‚Magnet‘. Wider Erwarten ist es sehr lebendig und hat einen italienisches Flair. Bars und Eisdielen reihen sich aneinander und sind gut besucht, Kinder toben bis spät in der Wohnanlage, die autofrei ist. Anstatt Wein und Cafe wird häufig Wasser und Cafe getrunken.

Ein letzter Blick hinunter aus dem 11. Stock ins Magnet, – sieht zwar trist aus, scheint aber sehr lebendig.

Das kleine Gebäude ist der zentrale Kindergarten.


Tag 70 – Donnerstag, 31. August:

Durch kleine Gassen wandern wir an großen Hochhauskomplexen vorbei.

Abgründe tun sich auf unserem Weg zum Busbahnhof auf.

Unsere Augen sind genauso aufmerksam auf den Weg gerichtet wie bei einer Bergwanderung.

Ein große Herausforderung hier ist der fast überall präsente Müll der uns bekannten Konsum- und Wegwerfgesellschaft.

Am Busterminal angekommen werden wir sofort angesprochen, ob wir nach Shkoder wollen. Man sieht es uns offensichtlich an, dass wir zum Wandern in die Berge wollen.

Ja, wir wollen und werden zu einem ehemaligen schweizer Postbus geleitet.

Die Rucksäcke werden verstaut. Im Bus mit 70 Plätzen sind erst 5 belegt. Binnen 40 Minuten füllt sich der Bus, so dass der Fahrer (er war auch unser Akqisiteur) seinen Bus startet und uns souverän durch das Verkehrsgetümmel von Tiran hinauslenkt.

Aus Tirana hinaus haben wir zunächst ein ernüchterndes Bild. Es reihen sich Autowaschanlage an Autowaschanlage, Autoschrottplatz an Autoschrottplatz und  Möbelhandel an Möbelhandel. Kilomeeeeterlang. Dann kommt ein gigantisches „Weddingcenter“, das einem weißgoldenen Disneyland entsprungen ist. Kein weiterer Kommentar. Leider ohne Foto.

Drei Stunden und mindestens vier Verkehrsstaus später erreichen wir Shkoder, eine Stadt mit Historie im Norden Albaniens.

Wir kennen uns schon etwas aus und haben im gleichen Hostel gebucht wie vor zwei Jahren und sind wieder erfreut über die Gastlichkeit und Atmophäre.


Tag 71 – Freitag, 1. September:

Um 7 Uhr verlassen wir in Shkodra das Arka-Hostel, das uns schon ein bisschen ans Herz gewachsen ist …

… und warten auf den Kleinbus, der uns in die  nordalbanischen Berge bringen soll. Mit kleiner Verspätung (der Fahrer sammelt da und dort noch Mitfahrende ein) geht es los.

Auf der Hälfte der Strecke wird eine Kaffee- und Entwässerungspause eingelegt.

Die Toiletten präsentieren sich irgendwie gleichzeitig skurril in der Landschaft.

Noch eineinhalb Stunden und wir sind in Theth mitten in den nordalbanischen Alpen und sogar bei unserem Gastgeber Bec, der uns schon vor zwei Jahren willkommen geheißen hat.

Bei einem Ausflug zum Wasserfall nahe Theth …

… stellen wir fest, dass sich die ‚Guesthouses‘ vervielfältigt haben, der Einkaufsladen sich ums Doppelte vergrößert hat und die Schlaglöcher in der Hauptstraße sowie der herumliegende Müll sich verringert haben.

Wir sind ausgeruht und fit für die ‚Peaks of the Balkans‘.

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