Tag 83 – Dienstag, 12. September:
Für hiesige Verhältnisse pünktlich kommt der Minibus zu unserer Herberge Bec Villi, um uns einzusammeln.
Der Abschied von diesen herzerfrischend freundlichen Menschen fällt uns schwer.
Ein paar Abschiedsfotos helfen, den Abschied leichter zu nehmen. Es ist, als wenn man etwas mitnehmen könne.
Zweieinhalb Stunden später erreichen wir Shkodra, das von der Sonne aufgeheizt vor sich hin glüht.
Keine Zeit für ein Foto, weil wir zügig unsere Fährfahrkarte ausdrucken lassen müssen, da sie nur in Papierform akzeptiert wird.
Für die von uns geplante direkte Busverbindung zum albanischen Fährhafen Durres sind wir dreißig Minuten zu spät in Shkodra angekommen. Schade.
Wir müssen mit dem Umweg über Tirana vorlieb nehmen, um dort einen Bus nach Durres zu erwischen.
Wie immer wird der Fahrpreis im Bus von einem Begleiter in bar und in Landeswährung LEK kassiert.
Seit dem Kosovo-Erlebnis erscheinen mir die Straßenränder in Albanien sauberer. Ich merke, dass auch diese Sichtweise eine Frage der Relativität ist.
Während der Fahrt nach Tirana bekomme ich von meinem Sitznachbarn einen Kugelschreiber in rot-schwarz mit albanischem Adler geschenkt.
Völlig anlasslos. Er kann leider kein Englisch und ich nur ein paar Brocken Albanisch, so dass es bei der fast wortlosen Übergabe bleibt. Faliminderit (Danke).
Den Busbahnhof von Tirana kennen wir schon ganz gut und finden sofort dem nächsten Bus nach Durres. Dreißig Minuten später ist der Bus voll und wir fahren los. Überraschend schnell kommen aus der quirligen, wachsenden Millionenstadt Tirana hinaus und kommen nach weiteren dreißig Minuten in Durres an der Adria an. Alles wirkt schon ein wenig italienisch. Nach einem kleinen Provianteinkauf checken wir auf der Fähre ein. Eine Nachtüberfahrt von 10 Stunden steht uns bevor.
Tag 84 – Mittwoch, 13. September:
6 Uhr. Eine etwas unruhige Schlafnacht auf einem Kunstledersofa in der Schiffsbar del Giglio liegt hinter uns. Weil wir uns im Schlaf nicht selbst fotografieren können muss das Nachbarsofa als Muster herhalten.
Ein Sonnenaufgang an Deck hat auch was Schönes.
Heim reisen. Nicht nur aus Gründen der CO2-Vermeidung finde ich die ’schnelle‘ Fliegervariante von Tirana nach Frankfurt nicht passend. Zwei Stunden Flug und zack, – wir sind in einem komplett anderen Umfeld. Das ist einfach zu schnell. Lieber möchte ich mich langsam meinem Zuhause nähern. Zu Fuß wäre ideal, ist in unserem Fall aber zu langsam, weil wir erst nach der Wintersonnenwende zu Hause wären. Mit dem Rad nur ist nur schwer realisierbar, weil das Fahrgerät fehlt. Und ein Mietwagen fällt ebenfalls aus Gründen der CO2-Vermeidung und des überflüssigen Fahrstresses weg. Schiff und Bahn oder Bus passen daher besser für unsere Fahrt nach Hause, die dadurch zu einer wirklichen Reise wird. Wir tauchen für kurze Zeit ein in unsere Etappenziele, schnuppern die Atmosphäre und reisen weiter bis wir heimkommen.
Die Fähre ist voll mit LKW, die die Balkanroute nach Nordeuropa vermeiden wollen und ab Bari zunächst die italienischen Autobahnen nutzen und dann irgendeinen Alpentransit verstopfen.
Italien. Bari. Schon um 9 Uhr ist es heiß. Wir flüchten erstmal in das Caffè dell‘ Accademia, wo wir uns bei Cappuccino, Cornetto und Succo d’Arrancia in das italienische Dolce Vita eingrooven.
Wir lassen die Altstadt von Bari auf uns wirken.
Ich wusste gar nicht, dass Bari die Hauptstadt der Region Apulien (Puglia) in Süditalien und die neuntgrößte Stadt Italiens ist.
Noch einmal im Meer schwimmen. Wir laufen zum öffentlichen Badestrand ‚Pane e Pomodore‘, der 45 Minuten Fußweg von der Altstadt entfernt ist.
Es ist feuchtwarm. Wir schwitzen und kleben am ganzen Körper. Das salzige Nass ist zwar quietschwarm, tut aber dennoch gut …
… doch ein paar Minuten danach schwitzen und kleben wir wieder.
Unsere gestern gebuchte Unterkunft liegt mittem im Altstadtkern.
Ein guter Ausgangspunkt für einen genussreichen italienischen Abschlussabend.
Tag 85 – Donnerstag, 14. September:
Schon früh verlassen wir mit GPS-Navigation den Irrgarten schmaler Gässchen der Altstadt von Bari und laufen in ca. 30 Minuten zum Zentralbahnhof, den wir schon kennen.
Die italienische Bahn bringt uns zuverlässig mit ein wenig Verspätung über Rom und Florenz nach Bologna.
Der Bahnhof von Bologna ist riesig. Die Gleise sind in vier Etagen angeordnet. Ohne ein gutes Leitsystem wäre ich hier verloren. Doch so finden wir unser Gleis, wo uns ein ziemlich alter, schwülwarmer EC der Deutschrn Bahn aufnimmt, um uns nach München zu transportieren.
Über Verona und Trient geht es ins ausgebeutete Etschtal, das wir im letzten Jahr bei Salurn schweißgebadet durchlaufen haben. Die vorbeiziehenden Nonsberge wecken ebenfalls Erinnerungen an unsere Alpenwanderung 2022.
Bozen, Brixen, Innsbruck sind die nächsten Stationen. Auch hier kommen vage Erinnerungen an Bergtouren auf, die lange Zeit zurückliegen.
Nördlich von Kufstein kreuzen wir bei Nußdorf auf Schienen unsere Deutschlandtour von 2020, bei der wir auf dem Maximiliansweg den Inn überquert haben.
Es macht Freude, auf der Heimreise bereits bekannte Landschaften oder Orte wieder zu erkennen und dem dort Erlebten nachzuspüren. Echt prima!
Tag 86 – Freitag, 15. September:
Es ist 4:43 Uhr. Ein ICE bringt uns von Frankfurt nach Kassel. Wir sind müde trotz vieler kleiner Nickerchen. Unsere Reise von Albanien hierher dauert mehr als 30 Stunden und endet bald.
So viele Eindrücke und Erlebnisse haben sich mehr oder weniger tief in uns fixiert. Die nächsten Tage und Wochen werden Zeit und Muße bieten, alles nochmal Revue passieren zu lassen, aufzuarbeiten und zusammenfassen.
– Ende –
Es wird mir das größte Vergnügen sein,
den nächsten Abschnitt unserer Alpenwanderung vorzubereiten.
Eine tolle Reise. Hat Spaß gemacht euch zu folgen.
Liebe Grüße aus der Pfalz
Ja, das stimmt. Es war wirklich toll und ist auf jeden Fall fortsetzungsbedürftig. Danke, lieber Jörg, für deine Begleitung.
Gutes Ankommen, war sehr schön so mitzuwandern! Grüße von Almut
Ja, nach über 80 Tagen UnterwegsSein ist das das Ankommen ist immer so eine spezielle Sache. Ich groove mich langsam aus dem Vagabundieren aus und in das stete Dasein ein. Danke für’s virtuelle Mitwandern. Vielleicht laufen wir uns ja mal über den Weg …