Eingeschneit und rausgeschaufelt

In dem ganzen Sturm- und Schneetreiben ist dann auch noch die Internet- und Telefonverbindung manchmal abends ausgefallen.

Da hilft auch eine eingefrostete Satellitenschüssel mit Verbindung zu Starlink im Weltall nicht.

Das morgendliche Zugeschneit- und geweht-Schauspiel erreicht sein Maximum als wir nur noch kraxelnd über der Querbalken des Eingangs rauskommen.

Der Frühjahrsputz geht mangels Gästen (bei Lawinenstufe 4 kommt keiner hoch zur Hütte) weiter.

Die ca. 80 Hüttenfinken (Kunststoffvariante) werden vom Winterschmutz befreit, in dem sie nach einer manuellen Vorbehandlung durch die Spülmaschine gejagt werden.

Manchmal klärt es auch auf. So sehen wir die ca. fünf Meter hohe Fahnenstange fast zur Gänze eingeschneit. Auch die bereits freigelegte Terrasse ist wieder mit einer vier Meter hohen Schneedecke dünn überzogen.

Der erste Hüttenausgang nach 5 Tagen Eingeschneitsein. Alles ist in meterhohe Watte eingepackt. Es zeigt sich wieder ein bisschen Himmelblau.

Auch die KlofensterAussicht ist immer wieder beeindruckend, diesmal mit ihren Eiszapfen an Bergen.

Die zugewehten Hüttenfenster bis hinauf in den zweiten Stock rufen nach Freiheit und -schaufeln.

So tief eingeschneit war die Hütte seit sieben Jahren nicht mehr, sagt die Hüttenwartin. Ich erlebe den heftigsten Winter (eigentlich ist schon Frühling!) meines bisherigen Lebens.

Jede Auflockerung der Wolkendecke heißen wir willkommen und freuen uns darüber wie kleine Kinder.

Jetzt weiß ich, warum ein Gockel auf dem Gaslager installiert ist: damit man es auch bei großen Schneemengen wieder findet.

Und so beginnt das große Suchen und Buddeln, damit ein letztes Mal für diese Wintersaison die Gasflaschen gewechselt werden können. Zwei Versuche endeten in nächtlichen Schneeverwehungen, an deren nächsten Morgen das Loch wieder fast komplett mit Schnee gefüllt war.

Beim dritten Anlauf schaufele ich die Tür frei und stehe in einem mindestens drei Meter tiefen Loch. Tür enteisen, Gasflaschen wechseln und wieder raus aus der doch etwas sehr tiefen Grube.

Der sich anschließende Rückweg ist dafür um so schöner und ein echtes FeierabendGeschenk.

So schnell wie Schnee, Sturm und hohe Lawinenstufe über uns gekommen ist, so flott reduziert sich das Risiko nach ein paar Tagen wieder. Irina ist wieder zum Hüttenteam hinzugestoßen und ich kann meinen diesjährigen zweiten Abschied von der Rotondohütte planen. Dazu gehört eine kleine Tour mit Schneeschuhen aufs Rottällihorn, 2914 Hm.

Um 7 Uhr am Morgen gehe ich los, damit ich wieder zurück bin, bevor der Schnee zu sulzig wird und das Gleitschneelawinenrisiko steigt.

Die Sonne und ich steigen auf.

Die Aussicht vom Rottällihorn ist auch mit den Wolken noch grandios.

Montag, 8.4., 6 Uhr: Ich verabschiede mich für diesen Winter von der Rotondohütte, von Pia, der Hüttenwartin und Irina, meiner Kollegin, – und natürlich von dieser wunderbaren Bergwelt, die sicher länger auf dieser Erde weilen wird als unsere Spezies.

In verharschtem Schnee geht es auf bereits bekanntem Weg nach Realp. Die Richtungstangen (ca. 5 Meter hoch) stecken noch bis zum Hals im Schnee.

Alpgebäude im Witenwasserental warten tief verschneit auf die Schmelze, den Frühling und die (Aus)Nutztiere.

Um 8:50 Uhr erreiche ich Realp, dieses kleine Dorf im Ursenental kurz vor dem Furkapass. Vor zwei Wochen stand ich hier mit Irina und wartete auf den Heli, der  uns hochflog. Eine spannende Zeit mit Eingeschneitsein, MitSichSelbstUndAnderenZurechtkommen, Freischaufeln und Frühjahrsputz liegt hinter mir.

Die Saison lief wegen des Wetters nicht so wie Pia es sich gewünscht hat. Aber auch hier zeigt sie ihre Flexibilität und passt ihre Wünsche einfach den Wetterbedingungen an.

Ich freue mich auf jeden Fall schon jetzt auf den nächsten Februar, den ich in schneereicher Bergwelt auf der Rotondohütte in einem tollen Hüttenteam verbringen darf, – so Gesundheit und andere äußere Umstände es zulassen.

4 Kommentare

  1. Heidi Wahren
    9. April 2024
    Antworten

    Lieber Klaus, Danke für deinen Bericht und die Fotos. Wahnsinn! Soviel Schnee.
    Jetzt erstmal eine schöne Geburtstags Feier😀Liebe Grüße Heidi 🤓

    • 9. April 2024
      Antworten

      Liebe Heidi, danke für deine regelmäßigen Kommentare zu meinen Beiträgen.

      Ja, es war wirklich der verschneiteste Winter, den ich bisher erlebt habe. Wer weiß, was mich da in Zukunft noch erwartet … die Klimaveränderungen, seien sie natürlich oder menschenverursacht, werden noch mit Überraschungen aufwarten.

  2. Helene Worbes
    10. April 2024
    Antworten

    Lieber Klaus, danke für Deine ausführlichen und eindringlichen Fotos und Berichte von der eingeschneitwn Rotondo Hütte. Und sooo viel Schnee hat die patente Hüttenwirtin mindestens vor 7 oder noch mehr zurückliegenden Jahren schon erlebt? Also wir als gebürtige Westfalen natürlich nicht. Einmal mit unserer Skigruppe ich im Adamello, weiß nicht mal mehr, auf welcher Hütte,, vor mehr als 30 Jahren.
    Gruppe BEST war derweil am letzten Samstag bei 24 ° auf den nordhessischen Hügeln unterwegs.
    Wünsche Dir gutes Heimkommen !

  3. 16. April 2024
    Antworten

    Liebe Helene, es ist zwar schon länger her. Dennoch danke für deinen Kommentar, der mich sehr gefreut hat. Jetzt bin ich schon wieder ein paar Tage zurück und sogar schon den Soonwaldsteig gelaufen. Ich hoffe, wir sehen uns beim DAV wieder. Liebe Grüße. Klaus

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