Eigentlich wollte ich im März den Kammweg im Erzgebirge/Vogtland erwandern. Doch hat es dort noch 30 bis 50 cm Schneehöhe. Da durch zu stapfen macht auf Dauer nicht wirklich Freude, vor allen Dingen ohne Schneeschuhe …
Nach Abfrage des Wetterorakels meteoblue entscheide ich mich für den Malerweg in der Sächsischen Schweiz. Hier soll es in den nächsten Tagen wenig Regen und moderate Temperaturen haben.
Im Sommer überlaufen, gehe ich davon aus, dass ich Mitte März einer der wenigen sei werde, die den Weg erkunden, auch weil die Gastronomie noch Winterruhe hat.
Mit der Bahn geht es durch Ostdeutschlands ‚blühende Landschaften‘ (Zitat Helmut Kohl). Halle,

sind die Umsteigebahnhöfe bevor ich Pirna erreiche. Ein Bus bringt mich nach Liebethal, dem offiziellen Beginn des Weges.
Auf diesem ca. 115 km langen Weg folgt man Malenden der Romantik, die sich durch die Sächsische Schweiz zu ihren Bildern inspirieren ließen.
Mein Interesse gilt eher der jetzigen Landschaft bzw. wie wir Menschen diese mehr und mehr zuvielisiert haben.
Zum Beispiel dieses ehemalige Elektrizitätswerk von Copitz, dass von 1894 bis 1970 betrieben wurde. Heute ist es ein sogenannter ‚lost place‘.

Hier, auf eine der Elbhöhen, komme ich mir eher vor wie auf einem Deich in Norddeutschland …
… doch das ändert sich schnell, als ich den ersten ‚Grund‘ durchlaufe, von denen es hier zuhauf gibt. Struktur: Bachlauf, Weg, links und rechts bemooste Sandsteinfelsen mit Bäumen und Sträuchern durchsetzt.
Felsentore sind Abwechslungen am Wege.
Caspar David Friedrich hat sich von diesem mehrere Tage aufhalten lassen, um dies auf Leinwand zu bannen.
Häufig treffe ich auf altehrwürdige Gaststätten mit meist über 100jähriger Geschichte. Leider öffnen sie fast alle erst ab Ostern. Und wenn ich in jeder ein Bier trinken würde …
Gebucht habe ich im ‚Schützenhaus‘, einem Hostel in Wehlen, dass ich nach ca. vier Stunden Laufzeit erreiche.
Christopher, malender (Lebens)Künstler und Adrian, der Hausmeister, erhalten den ehemaligen ostdeutschen Flair des Hauses durch weitgehende Unterlassung von Renovierungsarbeiten und der nachhaltigen Nutzung von Gebrauchsgegenständen der vergangenen 50 bis 100 Jahre.
Ich werde im ‚Poetenzimmer‘ einquartiert.
Nachdem ich den Ofen wahrnehme, den ich mit Kohle und Holz befeuere, erinnere ich mich an Spitzweg’s ‚Armen Poeten‘ und ich vermute die Namensherkunft des Zimmers.
Das Schützenhaus entpuppt sich als Lagerraum für Christophers Bilder. Daneben gibt es noch 3 mietbare Zimmer und eine gut eingerichtete Küche, die einfach mal sauber gemacht werden müsste.
Selbst die Flure und Gänge sind mit Bildern gefüllt, ungeachtet aller Brandschutzregeln … Scherz.
Gegenüber gibt es die passende Sommerwirtschaft, auch etwas in die Jahre gekommen bzw. noch nie aus den Jahren heraus gekommen. Immerhin gibt es die goldene Kombination von Bier, Eis, Bratwurst und Kunst …
Ein dazu passendes Eisschild erinnert mich bei der Erdbeerkugel an die herausgestreckte Zunge des Markenzeichens der Rolling Stones.
Nach einem guten zehnstündigen Schlaf werfe ich zum Abschied nochmal einen Blick auf die ‚Poolterrasse‘ … mit Sprungturm.
Skurrile Werbung für Zimmer begegnet mir in der Wehlen … was sind Betten ‚mit Marken‘ ?
Bevor ich zur Bastei komme, habe ich nochmal einen tollen Einblick in die wilde und naturbelassene Sandsteinfelslandschaft.
Und dann geht’s los. Eine Betonplattform überspannt den Sandsteinturm. Völlig irre und überflüssig.
Obwohl es wild aussieht, sind viele Türme mit Brückchen miteinander verbunden. Disneyland im Kleinformat.
Der Blick ins weite Land ist dann doch wieder beruhigend und entspannt mich.
Auch der Blick ins Elbtal ist erbaulich. Ich würde anfangen zu malen, wenn ich könnte.
Ich komme nicht um die Basteibrücke herum. Der Malerweg führt direkt darüber.
An Amselsee geht es vorbei hinauf ins Hinterland nach Rathewald.
Idyllischer kann ein Dorfeingang nicht sein.
Ein weiterer Wanderweg, noch aus DDR-Zeiten, der ‚Bergwanderweg der Freundschaft Eisenach-Budapest‘ stellt sich mir vor. Interessant, doch leider führt der Weg nach Ungarn, verbranntes OrbanLand.
Kurz vor Hohnstein gibt es noch eine enge Stiege durch die Felsenlandschaft zu durchsteigen.
Der Borkenkäfer schlägt auch hier zu, genauso wie im Nationalpark Bayerischer Wald. Nach einer langen Rekonvaleszenzzeit wird auch hier wieder ein natürlicher, sich selbst regenerierender Wald entstehen.
Im eigentlich wunderschönen Kohlmühlental treffe ich auf eine großes Gebäude, das zu DDR-Zeiten eine Linoleumfabrik war. Jetzt ist sie eine Ruine und wird noch nicht einmal abgerissen …
Der Landgasthof ‚Heitere Aussicht‘ bietet mir heute Abend Herberge und Verpflegung (Wildschweinbraten mit Klößen). Nach ca. 25 km und je 1000 Hm bergauf und -ab kann ich beides gut gebrauchen. Morgen geht es dann weiter …
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